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Friedensnobelpreis: Würdigung für die Opfer

Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos hat am 10. Dezember in Oslo den Friedensnobelpreis verliehen bekommen. Brot für die Welt gratuliert ihm zum Friedensnobelpreis und insbesondere zu seiner Entscheidung, den Preis den Opfern des bewaffneten Konflikts zu widmen.

Von Ehemalige Mitarbeitende am

Mit dieser Entscheidung würdigt er die herausragende Rolle der Opfer bei der Friedensbildung. Alle Beteiligten verdienen Hochachtung für die gemeinsame Leistung, den grausamen Konflikt mit acht Millionen Opfern nach über 50 Jahren offiziell zu beenden.

Nur 41 Tage nach dem gescheiterten Plebiszit über das Friedensabkommen haben Regierung und FARC (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) am 24. November einen neuen Friedensvertrag unterzeichnet, der am 30. November vom Kongress verabschiedet wurde. Damit wurde der 1. Dezember 2016 zum „D-Day“ für den Friedensprozess, ab welchem die Uhren für die Demobilisierung und Waffenniederlegung der FARC laufen, die innerhalb von 150 Tagen abgeschlossen sein müssen.

Friedensabkommen wurde präzisiert

Das neue Friedensabkommen präzisiert und ergänzt den Text an einigen missverständlichen Stellen. Es betont beispielsweise, dass Frauen besonders unter dem Konflikt leiden und gelitten haben und dass ihre Rechte als Opfer besonders geschützt werden sollen. Es stellt klar, dass das Vermögen der FARC für die Entschädigung der Opfer herangezogen werden wird und es präzisiert, wie die Wiedergutmachung aussehen wird, die statt Gefängnisstrafen für begangene Verbrechen verhängt werden soll.

Viele der von den Verfechtern der "Nein-Kampagne" unter Ex-Präsident Uribe eingebrachten Punkte wurden im neuen Abkommen berücksichtigt Sie führten aber nicht zu der geforderten tiefgreifenden Überarbeitung, weshalb Uribe und seine Partei „Centro Democrático“ das neue Abkommen weiterhin ablehnen. Dies könnte sich in Zukunft als große Gefahr für den Friedensprozess erweisen, wenn sich daraus zum Beispiel eine neue Welle der Gewalt gegen die - dann demobilisierte - FARC oder ihre Sympathisant/innen ergibt oder wenn die Umsetzung der Vereinbarungen nicht zügig voranschreitet kann.

Unabhängigkeit der Übergangsjustiz ist gefährdet

Entgegen den Forderungen der Verfechter des „No“ sichert das überarbeitete Abkommen der FARC für die Wahlperioden 2018 und 2022 weiterhin Sitze in Parlament und Senat zu. Auch der Forderung, das Übergangsjustizsystem komplett zu streichen, wurde ebenfalls nicht stattgegeben. Allerdings wurde es verwässert, indem nun ausschließlich kolumbianische Richter in das Tribunal berufen werden sollen und das Verfassungsgericht die Entscheidungen des Tribunals überprüfen und sogar ablehnen kann.

Damit, so Vertreter der Brot für die Welt-Partnerorganisation ACIN, würde ein wichtiges Instrument zur Unabhängigkeit des Übergangsjustizsystems unterwandert und Korruption und Vetternwirtschaft sowie Straflosigkeit gegenüber staatlichen, militärischen oder auch (neo)paramilitärischen Akteuren Tür und Tor geöffnet.

Landverteilung an Kleinbauern fraglich

Änderungen im Kapitel „Land/ländliche Entwicklung“ lassen befürchten, dass die kleinbäuerliche Landwirtschaft gegenüber der agroindustriellen Produktion im Nachteil sein wird, da die genannte „integrale ländliche Entwicklung“ eher der Vision einer groß angelegten agroindustriellen Produktion folgt, die kleinbäuerliche (Land-)Wirtschaft aber isoliert und damit bedeutungslos erscheinen lässt. Außerdem wird den Autoritäten die alleinige Entscheidungsmacht über die (Um-)Verteilung der drei Millionen Hektar Land zugesprochen, die zur Entschädigung der von ihrem Land vertriebenen Menschen vorgesehen sind. Lokale Gemeinden haben zwar die Möglichkeit, an den Prozessen teilzunehmen, darüber entscheiden können sie jedoch nicht.

Dass der Schutz des Privateigentums im neuen Vertrag mehrfach genannt und am Recht auf Privateigentum nicht gerüttelt werde, ist grundsätzlich positiv, allerdings bleibt unklar, was mit all dem Land geschieht, das über teilweise undurchsichtige Wege von Großgrundbesitzern „erworben“ wurde und von dem zumindest teilweise angenommen werden kann, dass es sich dabei um das Land von Vertriebenen handelt.

Des Weiteren darf nicht vergessen werden, dass das Unrecht der vergangenen Jahrzehnte nicht allein durch die FARC verübt wurde, sondern auch durch paramilitärische und andere bewaffnete kriminelle Gruppen, durch die zweite Guerilla-Gruppe ELN oder auch durch staatliche, militärische und private Akteure, die von der unsicheren Sicherheitslage und fehlenden staatlichen Behörden profitieren und sich beispielsweise Kontrolle über rohstoffreiches Land sichern wollten, um daraus Profit zu schlagen. Nachdem sich die FARC nun bereits seit Wochen langsam aus den bisher von ihnen kontrollierten Gebieten zurückziehen, hinterlassen sie ein Machtvakuum, das noch immer nicht von der Regierung gefüllt wurde und wird. Dies und das Fehlen von Schutz- und Sicherheitsgarantien machen sich unter anderem illegale Gruppen zunutze, um ihr eigenes Machtgefüge in den Regionen zu stärken und die Kontrolle zu übernehmen.

Menschenrechtslage bleibt kritisch

Allein 2016 wurden über 70 soziale und politische Führungspersonen und Menschenrechtsverteidiger/innen ermordet, die insbesondere für die Rechte der Indigenen, der Kleinbauernfamilien oder der afrokolum­bianischen Gemeinschaften eintreten. Viele dieser Morde gehen auf Anschläge durch die oben genannten Aggressoren zurück. Solange Präsident Santos dies nicht ändern und die Menschen nicht wirksam schützen kann, kann es auch keinen dauerhaften Frieden geben. Es kann auch keinen dauerhaften Frieden geben, wenn das Recht der Opfer auf Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Nicht-Wiederholung nicht gewährleistet und die Verhandlungen mit der ELN nicht zügig aufgenommen werden.

Der Friedensprozess gab vielen Partnern und Geberländern die Illusion, dass die humanitären Bedürfnisse der Menschen in Kolumbien in den nächsten Monaten und Jahren erheblich zurückgehen. Die oben genannten Punkte zeigen uns jedoch ein anderes Bild – unvoreingenommener, neutraler und unabhängiger Schutz und Unterstützung für die Sicherung der Menschenwürde von Millionen von Menschen muss weiterhin geleistet werden. Ein vorschneller Rückzug der Partner und Geberländer aus der Humanitären Hilfe und eine komplette Verlagerung der Programme auf längerfristiges entwicklungs- und stabilisierungspolitisches Engagement gefährdet den erreichten fragilen Frieden.

 

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