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Handelspolitik der G7 konterkariert globale Nachhaltigkeitsziele – noch vor deren Verabschiedung

Von Sven Hilbig am

Brot für die Welt bittet um Ihre Unterstützung: Treten Sie ein für eine faire und ökologisch nachhaltige Handelspolitik! Engagieren Sie sich  gegen TTIP!

Im September 2015 findet in New York der UN-Gipfel für nachhaltige Entwicklung statt. Ziel des Gipfeltreffens ist die Verabschiedung einer  „Post-2015-Entwicklungsagenda“. Im Gegensatz zu den 2000 verabschiedeten Millenniumsentwicklungszielen sollen nach dem Jahr 2015 gemeinsame Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) formuliert und beschlossen werden. Die künftige Entwicklungsagenda richtet sich dann nicht nur an die armen Länder des Südens, sondern wird für alle Länder dieser Welt Gültigkeit besitzen. Die Vereinten Nationen und  viele Menschen im Norden und Süden erhoffen sich davon wichtige Weichenstellungen für die Gestaltung einer ökologisch nachhaltigen und sozial gerechten Entwicklung - gehört doch die Schaffung von nachhaltigen Produktions- und Konsummustern in Nord und Süd zu einem der Kernelemente der SDGs.

Damit würde ein Versprechen eingelöst, das bereits auf der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung, 1992 in Rio de Janeiro,  formuliert wurde. Kernpunkt des damals entwickelten, und nach wie vor gültigen, Konzepts, war die Forderung, Entwicklung auf drei gleichberechtigten Säulen zu stützen: Ökologie, Soziales und Ökonomie. Die Geschichte nahm bekanntlich einen anderen Verlauf: Der Neoliberalismus trat in den 1990er Jahren seinen Siegeszug an. Anstatt die wirtschaftlichen Interessen und Akteure in politische Rahmenbedingungen zum Schutz von Mensch und Umwelt wieder einzubetten, drang das Primat der Ökonomie immer weiter in neue Regionen und gesellschaftliche Bereiche vor.

 

(G7)Politik – ein einziges Versprechen

 Vor dem SDG-Gipfel steht aber erst einmal ein anderer Gipfel im Fokus des Interesses. Am 7. und 8. Juni treffen sich die Regierungschefs der sieben wichtigsten – westlichen – Industrienationen im bayrischen Elmau.   Neben den klassischen G7-Themen, Außen-, Finanz- und Energiepolitik, sollen dort, so die offiziellen Verlautbarungen, Weichenstellungen für den SDG-Gipfel sowie den im Dezember stattfindenden UN-Klimagipfel getroffen werden. Für die Bundesregierung ist die Post-2015 Agenda „der wichtigste UN-Prozess im Bereich nachhaltiger Entwicklung“. Ziel sei es, eine „universell anwendbare Agenda mit einem kohärenten Zielsystem, das Armutsreduzierung und nachhaltige Entwicklung mit einander verbindet“, zu vereinbaren.

Ein Blick auf die anderen Ziele der G7-Agenda sowie die  Tagespolitik der G7-Staaten lässt jedoch mehr als nur Zweifel daran aufkommen, dass das Primat der Ökonomie tatsächlich in sozial und ökologisch verbindliche Zielsetzungen eingebettet werden soll. Die gegenwärtige Wirtschafts- und Handelspolitik zeigt vielmehr genau in die andere Richtung. Der erfolgreiche Abschluss der EU Freihandelsabkommen mit  Kanada (CETA) und den  USA (TTIP) würde das bisherige Wachstumsmodell –, welches soziale Ungleichheit und ökologische Verwerfungen verursacht – nicht nur fortführen, sondern verschärfen. Denn TTIP und CETA gehen über gegenwärtige Handelsvereinbarungen hinaus.

 

Disqualifizierung von Standards

Und die neuen Regelungen in Bereichen wie Datenschutz- und Arbeitnehmerschutzgesetze, Regeln für ausländische Investoren und Banken sowie Schulen, Städte und Krankenhäuser, die bisher vorzugsweise ihre Waren und Dienstleistungen in der eigenen Region eingekauft haben, sind gesellschaftspolitisch höchst brisant. Die Schaffung von einheitlichen Standards dient dabei stets nur einer Zielsetzung: Kosten sparen. Zum Wohle der Unternehmen und angeblich auch der Verbraucher. EU und USA wollen mit TTIP  die Devise “Geiz ist geil“ handelsrechtlich um- und durchsetzen. Nicht die Qualität des Produkts und seine ökologische und menschenwürdige  Herstellung, sondern dessen Preis wird zur obersten Maxime erklärt. Es erübrigt sich (fast) darauf hinzuweisen, dass diese Politik in einem eklatanten Widerspruch zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen steht. TTIP und SDGs schließen sich gegenseitig aus!

 

Globale Standardsetzung im Interesse der Konzerne     

Aber soll TTIP nicht (auch) dazu dienen, weltweit ökologische und soziale Standards zu setzen  - bevor die Chinesen ihre Standards setzen? Nicht nur Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel rechtfertigt die TTIP-Verhandlungen mit diesem Argument. Die Antwort lautet: Jain! Richtig ist: EU und USA wollen mittels TTIP globale Standards setzen. Falsch ist: Dass es sich hierbei um fortschrittliche Umwelt- und Menschenrechtsstandards handelt. Was bei TTIP verhandelt wird, ist die Setzung marktliberaler Standards, um durch Kostenreduzierung die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und US-amerikanischen Konzerne zu erhöhen. Entwicklungspolitische Organisationen, wie Brot für die Welt, kann dies  nicht überraschen. Ist diese Handelsagenda  doch seit 20 Jahren fester Bestandteil des politischen Agierens von EU und USA innerhalb und außerhalb der Welthandelsorganisation (WTO).

Neu an den TTIP-Verhandlungen ist hingegen, dass - historisch einmalig -, im Rahmen eines bilateralen Abkommens, global Standards gesetzt werden sollen. Von Anfang an gehörte es zu den Zielen von TTIP, Fragen der regulatorischen Kooperation und der Standardsetzung nicht nur innerhalb der transatlantischen Freihandelszone, sondern weltweit  zu thematisieren und durchzusetzen. Bereits die zur Vorbereitung der TTIP-Verhandlungen gegründete hochrangige Arbeitsgruppe zu den Themen Arbeitsplätze und Wachstum empfahl die Entwicklung von globalen Handelsregeln. 

 

Fehlende menschenrechtliche und entwicklungspolitische Kohärenz

Was das EU-Positionspapier zu Rohstoffen im Rahmen der TTIP-Verhandlungen jedoch nicht erwähnt, ist die Durchsetzung von Menschenrechts-, Umwelt- und Sozialstandards bei der Ausbeutung von Rohstoffen, die EU- und US-Unternehmen im Ausland fördern oder von dort importieren. In Anbetracht der Tatsache, dass es gerade in den extraktiven Sektoren vieler Entwicklungsländer immer wieder zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen kommt und der gebetsmühlenartigen Behauptung, TTIP soll dazu dienen, Standards für einen fairen und nachhaltigen Handel zu setzen, ist dies eine eklatante Lücke. Gerade die Verpflichtung von Unternehmen, die verantwortungsvolle Beschaffung von Rohstoffen zu garantieren - im Sinne menschenrechtlicher due diligence - , wäre  wichtiger Bestandteil einer entwicklungspolitisch kohärenten Handelspolitik, wie sie Art. 208 ff des EU-Vertrags einfordert.

 

Fazit

Unsere Erde ist endlich, und die auf ihr befindlichen Güter sind sehr ungerecht verteilt. Den sieben Staats- und Regierungschefs, die sich in ein paar Tagen in Elmau treffen, ist dies grundsätzlich bewusst. Nur handeln sie nicht danach. Wider besseres Wissen wollen sie Wohlstand mittels eines Wachstumsmodells fortsetzen und erhalten, welches  unsere Lebensgrundlage immer weiter zerstört. Jeden Tag, weltweit. Der in New York anstehende Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen, als auch der im Dezember in Paris stattfindende Klimagipfel, und die dort zur Verhandlung stehenden (ambitionierten) Nachhaltigkeits- und Klimaziele haben nur dann eine Chance auf effektive Umsetzung, wenn sie nicht gleichzeitig durch eine rückwärtsgewandte Handels- und Wirtschaftspolitik konterkariert werden. Deswegen ruft Brot für die Welt dazu auf: Werden sie gegen TTIP aktiv!

 

Werden Sie aktiv

Es gibt verschiedene Wege gegen TTIP aktiv zu werden.

Brot für die Welt ruft insbesondere zu folgenden Aktivitäten auf: 

  • Beteiligen Sie sich an der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP

Bis zum 6. Oktober 2015 können Sie mit einer Unterschrift bei der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative (EBI) online gegen TTIP und das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) stimmen: www.ttip-unfairhandelbar.de/start/ebi/

  • Fordern Sie Unterstützung von Politikerinnen und Politikern ein

Im Bundestag und EU-Parlament sitzen Menschen, die gewählt wurden, um Ihre Interessen zu vertreten. Schreiben Sie deswegen zum Beispiel den Abgeordneten Ihres Wahlkreises und fordern Sie sie auf, sich im Bundestag oder im EU-Parlament gegen TTIP und für eine gerechte Handelspolitik einzusetzen.

  • Demonstrieren Sie mit

Für den 10. Oktober 2015 ist eine Großdemonstration in Berlin geplant. Seien Sie dabei. Mehr Informationen: www.attac.de/ttip

Schließlich würden wir uns freuen, wenn sie unseren angehängten Flyer „Ja zu einer nachhaltigen Handelspolitik – Nein zu TTIP“ weiter verschicken. 

 

Der vollständige Artikel findet sich im Anhang!

 

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