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Heißes Eisen

(Delhi, 05.07.2012) Multilateraler Mechanismus zur Vorteilsaufteilung kriecht voran

 

Von Ehemalige Mitarbeitende am

Eines der "heißen Eisen" der internationalen ABS-Diskussion ist die Umsetzung des Art. 10 des Nagoya Protokolls, in dem die Staaten aufgefordert werden "die Notwendigkeit und die Modalitäten eines globalen multilateralen Mechanismus für die Aufteilung der Vorteile“ zu prüfen. Der Hintergrund für Art. 10 liegt im Geltungsbereich des Nagoya-Protokolls, das nur für genetische Ressourcen gilt, die sich auf staatlichen Territorien befinden. Damit sind zum Beispiel genetische Ressourcen in der Antarktis oder auf dem Tiefseeboden weiterhin frei zugänglich und ohne Vorteilsaufteilung nutzbar. Wo kein Eigentümer ist, gibt es keine vorherige informierte Zustimmung (Prior Informed Consent, PIC) und keinen Empfänger für den Vorteilsausgleich.

Die Idee des ursprünglich von der Afrikanischen Gruppe eingebrachten Vorschlages ist ein globaler „innovativer finanzieller Mechanismus“, in den ein Nutzer einzahlen würde, und aus dem dann global Vorhaben zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung biologischer Vielfalt gefördert würden. Ein weiterer Fall wäre die Nutzung von genetischen Ressourcen, die schon seit langem das Ursprungsland ohne einen PIC verlassen haben und deren Nutzung immer noch Gewinne abwirft - die dann mit dem Multilaterlalen Mechanismus geteilt werden könnten.

Allerdings ist es von der Idee bis zur Realisierung noch ein weiter Weg. Der afrikanische Vorschlag wurde in letzter Minute durch die Industriestaaten durch einen Zusatz entschärft, nachdem vor der Vorhandlung eines solchen Mechanismus' seine Notwendigkeit geprüft - und einstimmig beschlossen - wird. Zudem gilt Art. 10 nicht für die oben erwähnten strittigen Fragen der Gültigkeit des Nagoya-Protokolls - die ja mit der Verabschiedung festgeschrieben wurde - sondern nur noch für genetische Ressourcen, „die grenzüberschreitend vorkommen oder für die eine auf Kenntnis der Sachlage gegründete vorherige Zustimmung nicht erteilt oder erlangt werden kann“. Der Widerstand der Industrieländer gegen eine breit gültige und verbindlichere Regelung steht vermutlich in engem Zusammenhang mit dem Bewusstsein ihrer technologischen Überlegenheit, die ihnen einen vorderen Platz im Rennen um die Rohstoffe in extraterritorialen Gebieten sichert. Dies lässt vermuten, dass ihre Euphorie, auf einen solchen globalen Mechanismus zuzugehen, gebremst ist.

Diese höchst unterschiedlichen Erwartungen in den Multialteralen Mechanismus wurden auch während ICNP-2 deutlich: Die Afrikanische Gruppe betonte, dass ihr ursprünglicher Vorschlag hinter verschlossener Tür verändert und abgeschwächt in den Protokolltext gelangte und forderte die Verhandlung ihrer ursprünglichen Absichten. Demgegenüber bestand die EU darauf, dass zunächst einmal die Notwendigkeit geprüft werden müsse. Die Position der EU, dass ein solcher Mechanismus weder extraterritorialen Fälle noch "Altlasten" ohne PIC umfassen darf, gilt weiterhin.

Viele lateinamerikanische Staaten betonten, dass ein solcher Multilateraler Mechanismus nur außergewöhnliche Fälle abdecken sollte, das Prinzip der nationalen Souveränität und des PIC müsse so weit wie möglich durchgesetzt werden. Kanada erklärte, dass es Art. 10 ohnehin nicht verstünde und deswegen noch zahlreiche Informationen benötige, um sich überhaupt an der Diskussion beteiligen zu können. Malaysia stellte sich hinter den ursprünglichen Afrikanischen Vorschlag, warnte aber vor zu schnellen Handlungen, da in der Tat zahlreiche Fragen unklar wären und der Multilaterale Mechanismus das Konzept und die Vorschriften des Nagoya Protokolls nicht außer Kraft setzen dürfe.

In kleiner Runde einigte sich die Delegierten schließlich in unerwartet produktiver und entspannter Atmosphäre auf die weitere Vorgehensweise, nach der durch eine breit angelegte Umfrage mit neun zentralen Fragen mehr Informationen über die Problematik der grenzüberschreitenden Ressourcen und des fehlenden PIC eingeholt werden. Diese Informationen sollen dann die zukünftigen Mitgliedsstaaten in ihrer Entscheidung über die Notwendigkeit eines Multilateralen Mechanismus' unterstützen. Mittels 20 weiterer Fragen können die Befragten weitere Informationen in diesen Prozess der Meinungsbildung einspeisen.

Es wird erwartet, dass das Nagoya-Protokoll Ende 2014 oder in 2015 in Kraft tritt, eine Entscheidung über die Notwendigkeit und die eventuellen Inhalte eines Globalen Mechanismus dauert vermutlich etliche weitere Jahre. Angesichts dieser Situation und der zahlreichen Probleme, die selbst ein idealer Multilateraler Mechanismus kaum wird lösen können, wären die Regierungen gut beraten, diese Fragen, etwa bezüglich des Umgangs mit den Altlasten, auf nationaler und regionaler Ebene zügig anzugehen. Denn was, außer dem Widerstand der europäischen Biotechforschung und –industrie, hinderte die EU und ihre Mitgliedsstaaten daran, etwa die Nutzung von Tiefseeressourcen an eine verbindlichen Vorteilsausgleich zu knüpfen, der dann über die nationalen Regierungen an die Fonds der CBD abgeführt wird?

Hartmut Meyer

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