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Interview mit Shecku Mansaray zur Ebola-Krise in Sierra Leone

Von Gastautoren am

Shecku Kawusu Mansaray, Berater und früherer Direktor der Sierra Leone Adult Education Association (SLADEA) in Freetown und ein langjähriger Partner von Brot für die Welt, berichtet über die Ebola-Epidemie in Sierra Leone.

 

Welche Auswirkungen hatte Ebola?

Ebola hat die Gesellschaft zerstört und die Gemeinschaften zerbrochen. Es hat Vertrauen und Respekt untereinander zerstört. Aus Angst vor Ansteckung werden Betroffene gemieden.

Wie sah Ihre Arbeit während des Ausbruchs der Ebola-Epidemie aus?

Wir sind in die Gemeinden gegangen und haben die Menschen sensibilisiert und so einige Menschenleben retten können. Das Ziel war, Ebola nicht nur in den Behandlungszentren zu behandeln, sondern auch in den Gemeinden zu bekämpfen. Es gab zu viele Kranke, nicht alle konnten behandelt werden. 10 Brot für die Welt Partner kamen zusammen, um das Programm „Rettet Sierra Leone vor Ebola“ zu schaffen. Wir haben vor allem Gemeindemitglieder zur Bekämpfung von Ebola ausgebildet. Sie mussten lernen, die Toten den Behörden zu melden. Die Beerdigungen mussten so stattfinden, dass niemand sich anstecken konnte. Wir gaben psychosoziale Betreuung an Familien und Angehörige von Menschen, die an Ebola gestorben waren. Ärzte und Krankenschwestern wurden diskriminiert, weil man fürchtete sie seien infiziert. Unser Programm wurde von dem nationalen Ebola-Rat anerkannt. Die 10 Brot für die Welt Partner waren alle NGOs, die im Bildungs-und Sozialbereich tätig sind. Zunächst bildeten wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Organisationen aus. Dann trainierten wir Freiwillige aus den Gemeinden. Insgesamt waren das über 4000 Personen. Wir sprachen über Hygiene, Händewaschen und Informationen über Ansteckung. Wir nutzten lokale Ressourcen, weil die Menschen arm sind. Insgesamt haben wir 160.000 Haushalte in 3 Monaten erreicht. Wir nutzen das Radio für unsere Botschaften, weil wir so viele Haushalte erreichen konnten. Auf diese Weise wurden fast 5000 Kranke identifiziert und fast 3000 von Ihnen wurden ins Krankenhaus überwiesen. Nicht alle von Ihnen hatten Ebola. Aber so kamen alle Ebola-Infizierten aus den Gemeinden raus und konnten keine weiteren Personen anstecken. Die Anzahl der Ebola-Infizierten ist inzwischen sehr stark zurückgegangen.

Was haben Sie und ihre Organisation während der Krise gelernt?

Wir sind stark, wenn wir uns als NGOs verbünden und zusammen arbeiten. Die Gemeinden mussten die Verantwortung übernehmen. Nur so konnte die Epidemie „demystifiziert“ werden. Zum Beispiel musste die Annahme, dass die Toten als Geister zurückkommen, wenn sie nicht nach dem traditionellen Ritus behandelt werden, überwunden werden. Die Einbeziehung der Gemeinden und ihrer führenden Personen hat die Angst und die Stigmatisierung auf der Gemeinde Ebene überwunden.

Was taten die traditionellen Heiler?

Einige versuchten Ebola zu behandeln. Aber sie starben alle. Die traditionelle Medizin hat Ebola nichts entgegenzusetzen, weil es eine neue Krankheit ist. Die Ärzte, die von Übersee kamen, arbeiteten in den Behandlungszentren. In den Gemeinden haben wir die Aufklärungsarbeit gemacht.

Wie ist die Situation heute in Sierra Leone?

80% des Landes sind momentan von der Regierung als frei von Ebola deklariert. Dass heißt, dass es in den allermeisten Regionen keine Neuinfektionen mehr gibt. Nur in einigen Städten im Westen und im Norden Sierra Leones werden noch weniger als 10 Fälle von Neuinfektionen pro Woche gemeldet. Unser Ziel ist es, dass bis Ende Mai, bevor die Regenzeit beginnt, es keine Neuinfektionen mehr gibt. Dann würde auch die WHO nach einer Frist von 42 Tagen ohne gemeldete neue Ebola-Fälle Sierra Leone als frei von Ebola einstufen.

Welche Projekte planen Sie, mit Ihren Partnerorganisationen in Zukunft durchzuführen?

Unser Hauptanliegen für die Zeit nach dem offiziellen Ende der Ebola-Epidemie ist ein neues Projekt, das wir in 20 Gemeinden im Süden und Osten des Landes durchführen wollen. Dort waren die Menschen bisher auf den Verzehr von Fleisch von wilden Tieren angewiesen. Während der Ebola-Krise wurde dieser Verzehr gestoppt, weil es sich gezeigt hat, dass Ebola außer von Mensch zu Mensch auch von Tieren zum Menschen übertragen werden kann. Während der Ebola-Krise haben die Einwohner/innen in den betroffenen Gebieten aus Angst vor Ansteckung aufgehört, das Fleisch von wilden Tieren zu essen. In unserem Projekt, das wir in Zusammenarbeit mit der nationalen Naturschutzorganisation durchführen werden, geht es darum, weiterhin die Menschen darüber aufzuklären, dass der Verzehr von Wildfleisch generell bedenklich ist, und sie daher darauf verzichten sollen. Zweitens wollen wir in Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium, Partnern aus der Zivilgesellschaft und aus der Wissenschaft eine Studie über die sozioökonomischen Folgen der Ebola-Krise in Sierra Leone erstellen. Drittens werden wir die Strukturen im Gesundheitssystem auf Gemeindeebene stärken. Wir wollen in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium ein Programm entwickeln, das die Gemeinden befähigt, auf einen Ausbruch einer neuen Epidemie (sowohl Ebola als auch andere Krankheiten) angemessen zu reagieren. Zu diesem Zweck werden wir im ganzen Land Freiwillige ausbilden, die auf der einen Seite Gemeindemitglieder sensibilisieren, erkrankte Personen schnell in das nächstgelegene Krankenhaus zu bringen, und auf der anderen Seite das Krankenhauspersonal darin ausbildet, ständig mit den ausgebildeten Gesundheitsverantwortlichen der Gemeinden zu kommunizieren. Viertens werden wir in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit ein Projekt durchführen, das den am schwersten von der Ebola-Krise betroffenen Gemeinden Saatgut und Technik zur Verfügung stellt, um in diesen Regionen die landwirtschaftliche Produktion wieder in Gang zu bringen. Darüber hinaus werden wir weiterhin an unserem Programm arbeiten, das den betroffenen Familien psychologische Betreuung und soziale Unterstützung gibt. Insgesamt können wir im Rahmen dieses Programms bis zu 5.000 Familien landesweit erreichen.

Teile dieses Texts sind aus dem Vortrag von Herrn Mansaray anlässlich der  Frühjahrskonferenz von Ärzte ohne Grenzen zum Thema „Ernstfall Ebola. Das humanitäre System in der Krise“ am 21.4.2015.

 

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