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Startschuss für den IPCC Spezialbericht zu 1.5°

Welche Folgen hat eine Erderwärmung um 1,5 Grad? Auf Bitten der Staaten der UN-Klimarahmenkonvention soll der Sonderbericht des IPCC wissenschaftliche Informationen über die Folgen einer Erwärmung um 1,5 Grad und über die mit einer solchen Erwärmung konsistenten Treibhausgas-Emissionen liefern.

Von Sabine Minninger am

Vom 17.-20. Oktober trafen sich die Delegierten des  Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung  - oder kurz Weltklimarat -  zu dessen 44. Sitzung (IPCC 44) in Bangkok. Der mit am meisten Spannung erwartete Tagesordnungspunkt bestand in der Verabschiedung von Inhalt, Struktur und Arbeitsplan des für das Jahr 2018 geplanten IPCC -Sonderberichtes zu den Folgen von 1,5 Grad Celsius Erwärmung gegenüber vorindustriellen Bedingungen und über die mit einer solchen Erwärmung konsistenten Treibhausgas-Emissionen (kurz SR 1.5°). Der Auftrag hierzu war im Dezember 2015 von der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) im Paris-Abkommen formuliert worden. Der SR 1.5° soll rechtzeitig vorliegen, um den Staaten bei der ersten Überprüfungs- bzw. Verschärfungsrunde für die nationalen Klimaschutzverpflichtungen im UNFCCC Prozess 2018 eine wissenschaftliche Grundlage zu bieten, und die Konsistenz der gemeinsamen Anstrengung mit den Paris-Zielen einer maximalen Erwärmung von deutlich unter 2°C respektive 1.5°C bewerten zu können.  Das Mandat wurde vom IPCC bei seiner Plenarsitzung 43 in Nairobi im April diesen Jahres  mit einem Zusatz angenommen, der den Kontext für den Bericht betont: Stärkung globaler Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen, nachhaltige Entwicklung und Armutsbekämpfung.

Die Sitzung begann mit einer Schweigeminute für den am Freitag zuvor verstorbenen langjährigen König von Thailand, dessen persönliches Engagement für Umweltfragen von mehreren Delegierten gewürdigt wurde. Mehrere der Eröffnungsreden stellten auf den Zusammenhang zwischen den Globalen Zielen für Nachhaltigkeit und der raschen und ambitionierten Umsetzung des Paris-Abkommens ab. „Sie befinden sich in der Weltregion, deren Entwicklung maßgeblich darüber entscheiden wird, ob die Klimaziele von Paris erreicht werden können“, so begann Kaved Zahed, der stellvertretende Vorsitzende der UN Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und den Pazifik (UNESCAP) seine Rede. Auch der neue IPCC-Vorsitzende, der Koreaner Hoesung Lee, betonte, wie wichtig Entwicklung bei gleichzeitiger Entkopplung der Treibhausgasemissionen vom Energieverbrauch gerade in dieser dynamischen Welt-Region ist.

„Die Regierungen haben gezeigt, dass sie bereit sind, zu handeln – hier in Bangkok wird der Startschuss gegeben, dies im 6. Bewertungszyklus mit robusten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu unterstützen“, beendete Lee seine Rede. Auf die Plenarsitzung übertrug sich dieser dynamische Anfang leider nicht. Auch wenn die Stimmung im Saal insgesamt recht konstruktiv und kompromissbereit war, ruckelte sich das Plenum doch eher mühsam durch die Diskussionen und Entscheidungen. Dies lag auch an der manchmal intransparenten und eher zögerlichen Sitzungsleitung durch Lee und das IPCC Sekretariat, dessen neuer Generalsekretär Abdalah Mokssit in Bangkok sein Debüt gab.

Als Auftakt zur Diskussion zum SR 1.5° stellte die wissenschaftliche Steuerungsgruppe (SSC), sprich die Ko-Vorsitzenden der Arbeitsgruppen unter Leitung von IPCC-Vize Thelma Krug, ihren gemeinsamen Ansatz in einem Informations-Plenum vor. Die vorgeschlagene Gliederung war beim sogenannten “Scoping Meeting” für den SR 1.5° vom 15.-18. August in Genf von etwa 85 WissenschaftlerInnen aus aller Welt gemeinsam erarbeitet worden. Der Entscheidung des IPCC 43 folgend, zeigte sie einen starken Fokus auf Lösungsstrategien und deren Umsetzung, nachhaltige Entwicklung und Armutsbekämpfung. 

Diese Schwerpunktsetzung empfanden viele Delegierte als zu stark Richtung „Kontext“, und zu wenig auf dem ursprünglichen Auftrag der UNFCCC: Auswirkungen von 1.5° C Erwärmung zu beleuchten, und mögliche Emissionspfade zu diesem Ziel zu explorieren. Vor allem kleine Inselstaaten und vulnerable Länder wünschten sich mehr Platz und mindestens zwei Kapitel für die Untersuchung der Klimawandelrisiken und –folgen. „1.5°C sind für uns kein „aspirational goal“, sondern eine Frage des Überlebens“ unterstrich die Delegierte aus St.Lucia ihre Forderung. Angesichts des begrenzten Zeitrahmens bis 2018 und der teilweise schmalen Literaturbasis wurde vielfach auch ein deutlicher fokussierter, kürzerer Bericht gewünscht. Das SSC überarbeitete die Gliederung entsprechend - zwei Kapitel wurden zusammengelegt, eines stark gekürzt, wodurch der vom UNFCCC direkt mandatierte Teil etwas mehr Gewicht bekommt und Redundanzen vermieden werden. Der Begriff „Politikinstrumente“ taucht nun nicht mehr explizit auf, aber insgesamt ist die - nach zwei weiteren Runden mit relativ spezifischen Nachbesserungen - am Mittwochabend verabschiedete Fassung inhaltlich weitgehend konsistent mit der Ursprungsversion. Dies bedeutet, dass neben den Vorteilen einer 1.5°C Welt, wie vermiedenen Schäden, niedrigeren Risiken für Kipp-Punkte oder Co-Benefits z.B. im Gesundheitsbereich, auch Herausforderungen von Niedrigstabilisierungsszenarien thematisiert werden, wie z.B. Risiken von Technologien zur Erzeugung negativer Emissionen oder ökonomische Verteilungseffekte. Der Text der offiziellen Entscheidung betont zudem, dass die Gliederung nur ein Leitfaden sein soll, und die schlussendliche Gestaltung bei den Autoren liegt – und natürlich hängt sie davon ab, in welchen Bereichen eine robuste, wissenschaftliche Grundlage zur Bewertung vorliegt.

Für die Ausrichtung des Berichtes wird die Wahl der Autorenteams von großer Bedeutung sein – das Ergebnis des Scoping-Meetings spiegelte hier auch die stärkere Einbeziehung der Sozialwissenschaften wieder. Auch die Verbindung von „top-down“ Modellierungsansätzen mit  „bottom-up“ Strategien zu der Bekämpfung des Klimawandels und seiner Folgen, z.B. die stärkere Berücksichtigung von Verhaltensänderungen oder lokalen, integrierten Ansätzen wird eine wichtige Aufgabe für den SR1.5° sowie den 6. Sachstandsbericht. Diese wird unter anderem durch das IPCC-Expertentreffen Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Klimastabilisierungsszenarien im März 2017 in Norwegen vorbereitet, sowie beim für 2018 geplanten Workshop zu „Klimaänderung und Städte“ (2018).

Der IPCC beriet auch über die Planungen für die Überarbeitung der IPCC Richtlinien für Treibhausgasinventare. Die Entscheidung zur Gliederung des für 2019 geplanten Methodenberichtes der Arbeitsgruppe IV stockte hauptsächlich bei der Frage der Behandlung von „überflutetem Land“ – die Erfassung von Methanemissionen aus Stauseen ist insbesondere für Brasilien ein heißes Eisen.

Neben weiteren internen Prozessfragen war vor allem das Budget für das laufende und die kommenden Jahr ein wiederkehrendes Thema – denn während der IPCC mit jedem Zyklus mehr und komplexere Aufgaben bekommt, sind die Finanzierungszusagen der Länder deutlich zurückgegangen. „Was man bestellt, muss man auch bezahlen“ – so treffend fasste ein Delegierter schon am Montagmorgen die Situation zusammen. Und während viel Zeit der Frage gewidmet wurde, wie die Repräsentation von Entwicklungsländern in den Autorenteams weiter gestärkt werden kann, blieb leider deutlich, dass selbst bestehende Initiativen des IPCC unterfinanziert sind. Dieser Widerspruch muss dringend gelöst werden. IPCC 45 wird im April 2017 in Zentralamerika stattfinden – ausgerichtet von Costa Rica oder Mexiko. 

Blogbeitrag von Dr. Gerrit Hansen, Referentin für Internationale Klimaschutzpolitik bei Germanwatch. Sie war bei dem 44. Treffen des IPCC in Bangkok und hat für Germanwatch und Brot für die Welt die Konferenz beobachtet.

 

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