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In Abidjan: Migration in aller Munde

Aber nicht auf der Agenda.

Offiziell soll es in den nächsten beiden Tagen zwar vor allem um Perspektiven für die afrikanische Jugend gehen. Doch ist klar, dass es der Europäischen Union vornehmlich darum geht, in der Migrationskontrolle Fortschritte zu erzielen.

 

Von Ehemalige Mitarbeitende am

Heute hat die Polizei der Zivilgesellschaft den Zugang zum Alternativgipfel verwehrt, offenbar gibt es kein Interesse, die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger zur Kenntnis zu nehmen. Offiziell soll es in den kommenden zwei Tagen zwar vor allem um Perspektiven für die afrikanische Jugend gehen.

Doch einerseits wird den Jugendlichen kaum Raum gewährt, an den Debatten teilzuhaben und andererseits ist seit Wochen klar, dass es der Europäischen Union vornehmlich darum geht, in der Migrationskontrolle Fortschritte zu erzielen.

Gefährliche Abwehrhaltung dominiert Politik

Migration rangiert seit Jahren hoch auf der politischen Agenda und muss zwischen Afrika und Europa verhandelt werden, allein aufgrund der geographischen Nähe der beiden Kontinente zueinander. Handels- und Migrationspolitik, aber auch Entwicklung und Migration sind vielfach eng miteinander verwoben. Das jeweils eine ist ohne das andere kaum vorstellbar. Doch in den vergangenen Jahren, spätestens seitdem in der Folge der „Europäischen Migrationsagenda“ mit dem EU-Trust Fund for Africa und den sogenannten EU-Migrationspartnerschaften neue Instrumente zum Migrationsmanagement ins Leben gerufen wurden, dominiert eine gefährliche europäische Abwehrhaltung gegenüber afrikanischen Migrantinnen und Migranten die Politik.

Indem immer mehr Barrieren zum Grenzschutz und zur Migrationskontrolle über die nordafrikanischen Staaten bis weit nach West- und Ostafrika errichtet werden, wird die innerafrikanische Mobilität stark behindert. Samir Abi, der Generalsekretär des West African Observatory on Migrations, einer Brot für die Welt Partnerorganisation, bezeugt anschaulich, dass von der Freizügigkeit in der westafrikanischen Wirtschaftsunion für die Bürgerinnen und Bürger kaum noch etwas spürbar ist. „Zwar war die Reisefreiheit auch vor den europäischen Interventionen nicht 100 %-ig gegeben. Aber nun wird es für die Menschen sogar immer schwieriger im eigenen Land zu reisen. Allein wer eine Busfahrt unternimmt, gerät in den Verdacht Migrant zu sein – als sei das allein schon ein Verbrechen.“

Flüchtlinge suchen Schutz in Nachbarstaaten

Dabei ist es unwiderlegbare Tatsache, dass sich der größte Teil der afrikanischen Migration innerhalb Afrikas abspielt. Zum Beispiel von ländlichen Regionen in Städte und von wirtschaftlich schwach entwickelten Gebieten, dorthin wo Arbeitsplätze und Entwicklung boomen. Nur vergleichsweise wenige Afrikanerinnen und Afrikaner kommen auf der Suche nach Arbeit nach Europa. Noch deutlicher zeigt sich dies bei Flüchtlingen. Nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge waren 2016 allein 4,4 Millionen Menschen südlich der Sahara auf der Flucht. Besonders gezeichnet waren Südsudan, Zentralafrikanische Republik und Somalia, auch in diesem Jahr setzen sich die Krisen fort, hinzukommen zahlreiche Vertreibungen in Nigeria, Sudan, der Demokratischen Republik Kongo. Die Flüchtlinge suchen Schutz in Nachbarstaaten wie Äthiopien, Kenia, dem Tschad oder Niger - Länder, die teils von massiver Armut gezeichnet sind.

Grausame Filmaufnahmen befeuern Empörung

Die politische Auseinandersetzung mit Migration und Flucht ist vor diesem Hintergrund für Afrika hoch relevant. Doch die EU setzt eigene Akzente. Ihr geht es vornehmlich darum Migrationsbewegungen, die sich zwischen Afrika und Europa ereignen könnten, zu unterbinden. Bereits seit Februar wird die Kooperation mit libyschen Akteuren intensiver vorangetrieben – von Anfang an wiesen zivilgesellschaftliche Organisationen auf die menschenrechtlichen Risiken hin, Belege für die unerträglichen Misshandlungen, die Migrantinnen und Migranten in Libyen erleiden müssen, wurden immer wieder geliefert. Auch Berichte von Auktionen, bei denen Menschen wie Vieh angepriesen werden, sind bereits seit April bekannt. Nun hat endlich die Veröffentlichung von grausamen Filmaufnahmen die Empörung befeuert – und Ärger unter den afrikanischen Staaten provoziert. Im Niger und der Elfenbeinküste, deren Bürger in Libyen als Sklaven versteigert wurden, wird die dramatische Lage einerseits den politischen Erben Gaddafis zugeschrieben, aber auch als Folge der verfehlten EU Politik und ihrer Mitgliedstaaten, die auch vor der Kooperationen mit Milizen offenbar nicht zurückschrecken. Doch eine Abkehr von einer Politik, die stärker auf humanitäre Verantwortung, Flüchtlings- und Menschenrechtsschutz setzt und die Eigeninteressen hinten anstellt, scheint unwahrscheinlich. Viele afrikanische Staaten sind immer noch bereit im Gegenzug für finanzielle Zuwendungen, etwa in der Entwicklungszusammenarbeit, die migrationspolitischen Ziele der EU zu verfolgen.

Kein Konsens unter europäischen Mitgliedstaaten

Im Frühjahr diskutieren die G7 mit ausgewählten afrikanischen Staatschefs und Anfang August hatte der französische Präsident Macron einen kleinen Sondergipfel einberufen. Hier gelang es ihm die Idee europäischer Asylzentren in den afrikanischen Transitstaaten Niger und Tschad voranzutreiben, um bereits dort diejenigen auszuwählen, die nach Europa kommen dürfen. Noch stützt die deutsche Bundesregierung dieses Unterfangen nicht explizit. Es wäre ein sehr schlechtes Zeichen, das von diesem Gipfel ausginge, wenn die Kanzlerin einwilligen würde und damit eine weitere, drastische Absage an die europäische Schutzverantwortung erteilen würde. Denn allein die Erfahrungen mit den vergleichbaren Hot Spots in Griechenland und Italien zeigen, dass die Umsetzung solcherart Konzepte die Rechtlosigkeit und Unsicherheit von Schutzsuchenden massiv verstärken.  

Zwar hat die EU zuletzt verlautbaren lassen, in den kommenden Jahren die legale Zuwanderung von rund 50000 Menschen aus Afrika zu ermöglichen. Das ist allerdings unter den europäischen Mitgliedstaaten kein Konsens.

Bleibt zu hoffen, dass die Staats- und Regierungschefs es in Abidjan nicht bei Lippenbekenntnissen für eine nachhaltige und faire Entwicklung bleibt. Perspektiven für die Jugend lassen sich nicht über Migrationsbeschränkung in Verknüpfung mit Entwicklungszusammenarbeit erreichen. Es muss über Handelsbeziehungen, (Agrar-) Wirtschaft, Fischerei und Klimawandelfolgenbewältigung verhandelt werden – nicht zuletzt bedeutet die Eröffnung von Perspektiven auch Möglichkeiten von Teilhabe und Mitgestaltung politischer Prozesse. Dass der Gipfel der Zivilgesellschaft durch polizeiliches Eingreifen behindert wurde, stimmt auch hier nicht gerade optimistisch.

 

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