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Afrika: Fischerei-Frauen fordern mehr Anerkennung

Am Internationalen Frauentag haben sich Kleinunternehmerinnen aus dem afrikanischen Fischereisektor getroffen. 80 Vertreterinnen aus 47 Staaten Afrikas machten in einem Workshop deutlich, dass ohne ihre Arbeit der Fisch aus afrikanischen Gewässern niemals auf die Teller kommen würde.

Von Francisco Marí am

Bereits zum vierten Mal haben sich am Internationalen Frauentag 2016 Kleinunternehmerinnen aus dem afrikanischen Fischereisektor getroffen. Diesmal in Mauretaniens Hauptstadt, Nouakchott. Erstmalig waren Frauen  aus fast allen afrikanischen Staaten anwesend und machten ihre Verantworung für die Ernährung der afrikanischen Bevölkerung deutlich. Diese braucht Fisch, da tierisches Eiweiß sonst selten und teuer ist. Dennoch beklagen die Frauen in einer gemeinsamen Erklärung, wie wenig dies anerkannt wird. Fischerei spielt in Programmen zur ländlichen Entwicklung oder zur Reduzierung von Mangelernährung bei internationalen Gebern oder Institutionen kaum eine Rolle. Und wenn es Projekte gibt, geht es um den Erhalt der Fischressource oder um die Situation der Fischer – alles wichtige Anliegen - aber fast nie um die Wertschöpfung nach dem Fang. Leider auch nicht beim deutschen Landwirtschafts (Fischerei)- oder Entwicklungsministerium. Die Frauen in Nouakchott jammern nicht, sondern fordern ihre Regierungen auf, das endlich zu ändern.  Sie greifen aber auch zur Selbstinitiative in den Verarbeitungsgenossenschaften, um zum Beispiel den VerbraucherInnen bessere Qualität an Fisch anzubieten, ohne die Preise für die arme Bevölkerung zu erhöhen.

Eingeladen hatten die Partnerorganisation CAOPA und der mauretanische Kleinfischerverband FNP. Die breite Beteiligung aus allen Regionen Afrikas wurde durch die Mitveranstalter von Workshop und Frauentag, ein Sonderprogramm der Afrikanischen Union, Brot für die Welt und die schwedische Umweltorganisation SSNC ermöglicht.

Erstmalig sind Vertreterinnen aus den verschiedensten Fischfanggebieten Afrikas in Nouakchott zusammengekommen. Nicht nur Frauen, die Seefisch an den Küsten verarbeiten, sondern auch aus Binnenländern, wie Burundi, Äthiopien, Südsudan oder Ruanda, auch Frauen von den Ufern der großen Ströme Afrikas,  Kongo, Niger oder Sambesi, und natürlich Frauen von den großen Seen in Uganda, Kenia, Tansania oder Malawi. Auch Frauen von den Inselstaaten, wie Madagaskar, Komoren, Äquatorial Guinea oder Sao Tomé und den Kapverden waren vertreten. Sie trafen auf Kolleginnen zum Beispiel aus Ghana und Senegal oder aus Nordafrika, die schon sehr weit entwickelte Verarbeitungsformen von Meeresfisch haben. Die größte Delegation stellten aber die Gastgeberinnen aus Mauretanien.

Der Workshop am Sonntag wurde von der Ministerin für Frauenangelegenheiten, Frau  Dr. Fatma Habib, eröffnet. Sie ermunterte die Frauen, klar und deutlich ihre Erfolge herauszustellen und ihre Bedarfe anzumelden. Auch in ihrem Land ist es noch ein weiter Weg, die Arbeit der Frauen als einen wichtigen Wirtschaftssektor anzuerkennen. Das wurde bei der Grußansprache ihres Kollegen deutlich. Der mauretanische Minister für  Fischerei, Nany Ould Chrough, betonte zwar deutlich die Rolle der Frauen in der Fischerei, um dann aber schnell über die Erfolge der Regierung im Fischereisektor im Allgemeinen zu sprechen. Transparenz beim Management und Lizenzvergaben, Wachstum bei den Fangeinnahmen, Großprojekte zur Verarbeitung und der Schutz des nur von Männern betriebenen Fangs auf den Oktopus im wichtigsten Seehafen Mauretaniens, Noudhibou. Bei diesen weiteren Ausführungen suchte man dann vergebens die Bedeutung der Frauen.

Starke Rolle von Frauen in der Kleinfischerei international anerkannt, aber…!

Die Frauenverantwortliche bei CAOPA, Micheline Somplehi Dion, eröffnete eine Reihe von Präsentationen mit konkreten Beispielen von Frauen, wie sie Fortschritte in ihrer Arbeit erzielen. Micheline rief noch einmal ins Bewusstsein, dass der Rahmen zur Verankerung der Arbeit von Frauen im Fischereisektor auf internationaler Ebene gesetzt ist. Sowohl die  FAO Leitlinien Kleinfischerei, als auch Beschlüsse der Afrikanischen Union fordern deren Anerkennung und Unterstützung. Dies ist die erste wichtige Etappe, die CAOPA mit anderen Frauen weltweit erreicht hat. Dafür steht CAOPA, der Afrikanische Verband der Kleinfischerei auch in seiner Binnenstruktur. Alle Mitgliedsverbände müssen nationale Frauenorganisationen integriert haben. In CAOPA sind von Anfang Frauen im Fischereivorstand und sie veranstalten eigene Tagungen, wie jetzt den Frauentag. Das muss sich auch im von CAOPA geforderten afrikanischen Jahr der Kleinfischerei fortsetzen.

Eigentlich sollte der Fokus des Workshops vor allem auf Fragen der Finanzierung der Verarbeitungsaktivitäten und des Fischhandels liegen. Sie waren in den Vorjahren immer wieder gestreift, aber nicht wirklich ausdiskutiert worden.

Frauen sind nicht kreditwürdig !

Die wenigen Untersuchungen, die es dazu gibt, haben alle gezeigt, dass Frauen in der Fischerei der Dreh und Angelpunkt in der Finanzierung der gesamten Wertschöpfungskette sind. Deshalb kann man wirklich den Fischfang, wie viele Frauen betonten als eine feminisierte Wertschöpfungskette bezeichnen. Ohne sie geht nichts. Da sie den Fisch nach der Anlandung erst zu Geld machen, sind die Fischer auf sie angewiesen. Mehr noch, da die Fischer nur selten mit ihrem Geld haushalten, müssen sie vor der Ausfahrt immer bei den Frauen einen Kredit aufnehmen, um den Treibstoff für ihre Motoren zu kaufen. Und so ist es auch, wenn sie neue Netze brauchen oder Boote und Motoren repariert werden müssen.

Das alles wird dann vom Verdienst abgezogen, wenn der Fang angelandet wird. Es gibt aber eben auch Tage, wo der Fang nicht ausreicht, um die Schulden bei den Frauen zu begleichen. Manchmal können sie eine zweite Ausfahrt vorstrecken, eine dritte und vierte meist nicht.

 

Hier setzt die Kritik der Frauen an den öffentlichen oder staatlichen Kreditgebern an. Frauen sind in der Regel nicht kreditwürdig. Sie haben keine Sicherheiten, in Afrika meist bedeutet das meist Landbesitz. Aber Land gehört den Männern. Wenn die Frauen jedoch keinen Kredit bekommen, können die Männer nicht rausfahren. Ein Teufelskreis, weil dann der Bevölkerung auch der Fisch als Grundnahrung fehlt. Die meisten Fischer besitzen auch kein Land mehr, im Gegegnsatz zu den Männern der Frauen im Fischereisektor. Denn nur selten sind sie mit Fischern verheiratet.

So wurde die Landfrage auf dem Workshop ein heiß diskutiertes Thema. Die Frauen fordern, dass ihnen wenigstens erlaubt wird, Land zu kaufen und zu besitzen, dass sie dann als Sicherheit bei den Banken hinterlegen können. Aber auch das ist in vielen Ländern noch schwierig. Alleinbesitzerin der Landtitel zu werden, ohne ihre Ehemänner, geht kaum.

 

Besser wäre es, wenn den Kleinunternehmerinnen im Fischgewerbe Kreditlinien gewährt werden, also Übergangskredite, die sie flexibel einsetzen können, wenn ein paar Tage die Fangmengen der Fischer zu gering sind.  Bis dahin helfen sich Frauen gegenseitig aus und es gibt traditionelle Finanzierungssysteme, die aber auch an ihre Grenzen stoßen. Besonders in den fischreichen Regionen der Meeresküsten, wie Ghana und Senegal, sind Frauen inzwischen auch die Bootsbesitzerinnen, da die Männer sie aufgrund ihrer Überschuldung verloren haben. Dennoch: Ohne ein frauengerechtes  Kreditsystem wird es der gesamte handwerkliche Fischereisektor schwierig haben. Die Unsicherheit mit schlechtem Fang zurückzukehren wächst durch Klimawandel und Überfischung. Aber auch die Situation auf den Handelswegen ist durch die innerafrikanischen Krisen ein Marktrisiko und bedeutet eine dauernde Gefahr für die Fischhändlerinnen. Sie versorgen auch außerhalb der Küsten die Menschen mit diesem gesunden Produkt.  

Eine weitere Entwicklung betrachten die Frauen mit Sorge. Und das sind die Zwischenhändler. Sie bieten beim Anlanden hohe Preise für die besten und größten Fische. Ihre Kühl-LKWs stehen bereit, um den Fisch in der Stadt an Restaurants fangfrisch zu verkaufen oder gekühlt ins Ausland zu exportieren.  Da können die Fischverarbeiterinnen nicht mitbieten.

Daher gehen Frauen dazu über, selbst Fischerboote bauen zu lassen und  junge Pirogenkapitäne samt Mannschaft anzustellen, damit sie den Fang direkt bei den Frauen abliefern. Diese Abhängigkeit sehen die Fischer natürlich nicht gerne. Erst recht nicht in einem Land wie Mauretanien, wo Frauen nur selten so offen ihre Beschwerden vorbringen können.

Es reicht – Männer werden ausgeschlossen!

Genervt von den langatmigen Interventionen der männlichen Teilnehmer am Workshop beschlossen die Teilnehmerinnen am zweiten Tag, unter sich bleiben zu wollen. Schon in den Arbeitsgruppen hatten sie sich das ausgebeten. Die Männer durften sich dann die Ergebnisse am Abend anhören, und die haben es in sich. Es ist eine breite Palette von Forderungen, die finanziellen, aber auch die nichtmonetären Schwierigkeiten der Frauen im Sektor zu beheben. Wobei sie versöhnend betonten, dass ihnen bewusst wäre, dass ohne die Männer, die auf dem Meer hart arbeiten würden, um den Fisch zu fangen, auch sie keine Beschäftigung hätten.  

Wie sie zu ihren Forderungen gekommen sind, wollten sie nicht berichten und erst recht nicht, wie es zum Beschluss kam, das nächste Frauentreffen der Fischerei am 8. März 2017 in Uganda am Viktoriasee zu veranstalten. Nur so viel wurde verraten, dass sie auch den Frauen in der Inlandsfischerei an Flüssen und Seen eine Stimme verschaffen wollten.

Standards dürfen Frauen nicht verdrängen

Eine Sorge wurde in allen Gruppenergebnissen formuliert. Normen und Standards bei Verarbeitung und Transport dürften nicht dazu führen, die Frauen in Verarbeitung und Handel von Fisch durch Zwischenhändler, Fischfabriken und Supermärkte zu verdrängen. Nicht nur sie hätten darunter zu leiden, sondern auch ihre Kundinnen. Diese gehören meist zu den ärmsten Schichten, die sich frischen oder gefrorenen Fisch aus dem Supermarkt nicht leisten können. Wenn sie nicht die billigen, kleinen Fische verarbeiten dürften, würden dieser Fisch an den Stränden verderben und den hungrigen Menschen fehlen. Aber auch die Kleinunternehmerinnen möchten den Fisch unter besseren Bedingungen verarbeiten und anbieten. Hygienisch bessere Zustände an den Anlande- und Verarbeitungsplätzen, bessere Räucheröfen, aufgrund dessen sie nicht meht atemkrank werden und der Fisch nicht verkohlen würde, sind auch ihre Forderungen. Vor allem brauchen die Frauen Lagermöglichkeiten und Transportbehälter, in denen auch getrockneter oder gesalzener Fisch über Hunderte Kilometer ins Landesinnere transportiert werden kann. Dazu gehört aber auch, dass Frauen sich gefahrlos über das Land und Nachbargrenzen bewegen können, nicht beraubt, belästigt und betrogen werden oder dauernd korrupte Beamte auszahlen müssen.  

Kämpferische Erklärung zum internationalen Frauentag

 

Die Abschlusserklärung, wie es für Konferenzen üblich ist, war vorher im Entwurf zwischen den Veranstaltern und Unterstützern schon vorformuliert worden und wurde um einige konkrete Forderungen ergänzt.

Sie enthält als Kernforderung an alle Interessengruppen in Politik, Gebergemeinschaft, internationale Organisation und Privatsektor, die Berücksichtigung der Rechte von Frauen im Kleinfischereisektor, von Beginn an und nicht erst am Ende von Entscheidungen als schmückendes Lippenbekenntnis. Auch Brot für die Welt unterzeichnete die Abschlusserklärung, die an den Vertreter des Fischereiministeriums Mauretaniens übergeben wurde, um sie an die Fischereiminister der Afrikanischen Union weiterzuleiten.

 

Am Ende der Beratungen bleibt dem Beobachter ein sehr wichtiges Element im Gedächtnis. Obwohl die Bedingungen an, Küste, Flüssen und Seen Afrikas für die Verarbeitung von Fisch unterschiedlich sind, konnten alle gemeinsame Forderungen erstellen und „man“ hatte den Eindruck, als ob die Schwierigkeiten in der Frauenökonomie Fisch sehr ähnlich sind. Obwohl sie alle konkurrierende Kleinunternehmerinnen sind, haben die Frauen Genossenschaften gebildet, unterstützen sich gegenseitg und verteidigen, wie in Nouakchott geschehen, gemeinsam ihre Interessen. Ein hervorragender Ansatz für Veränderungen.

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