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Cotonou geht in die nächste Runde

Von Imke-Friederike Tiemann-Middleton am

Jetzt ist es offiziell, seit Freitag (28.9.2018) verhandeln die afrikanisch-karibisch-pazifischen Staaten (AKP-Staaten) mit der Europäischen Union (EU) über ein Nachfolgeabkommen zum Cotonou Abkommen.

Das aktuelle Cotonou Abkommen zwischen den 79 AKP Staaten und den 28 Mitgliedsstaaten der EU regelt die politischen und wirtschaftlichen  Kooperations- und Entwicklungsbeziehungen der beiden Parteien. In Kraft getreten ist das Abkommen im Juni 2000 und der Nachfolger der Lomé Abkommen, die bis in das Jahr 1975 rückdatieren. Das Cotonou Abkommen hat eine Laufzeit von 20 Jahren, die im Februar 2020 endet. Das Regelwerk besagt, das Neuverhandlungen 18 Monate vor Auslaufen des bestehenden Abkommens starten müssen.

Verhandlungsbeginn mit Hindernissen

Der Weg zur Aufnahme der Neuverhandlungen ist beschwerlich gewesen. Im Dezember 2017 stellte die Europäische Kommission ihren ersten Entwurf für ein Folgeabkommen vor. In den folgenden Monaten gab es – zumindest auf EU Seite – diverse Diskussionen und Anpassungen des ersten Entwurfs. Anpassungen, die nur wenig am Originalcharakter des Vorschlags geändert haben. Ein Entwurf, der für Starre und ein Festhalten an Bekanntem steht. Ganz deutlich wird, dass die Chance, Versprechen des letzten AU-EU Gipfels in Abidjan im November 2017 wahrwerden zu lassen, ungenutzt verstrichen ist. Dort wurde ein Paradigmenwechsel anvisiert, der auf einer Partnerschaft im Sinne einer gemeinsamen Verantwortung, Respekt, Transparenz und gegenseitiger Rechenschaftspflicht aufbaut. Aber nicht nur das geriet in Vergessenheit. Die gesamten internen (Brexit, EU-Osterweiterung, die Verhandlungen um den Mehrjährigen Finanzrahmen und die EU-Parlamentswahlen) wie externen Umstände (Agenda 2030 als gemeinsame globale Grundlage, zunehmende Technisierung, Einfluss Chinas), die eine Neuorientierung der Partnerschaft gerade zu verlangen, sind ignoriert worden.

Für das AKP Ministertreffen in Lomé plante die EU ihre Teilnahme und gleichzeitige Präsentation des fertigen Verhandlungsmandats. Dazu kam es nicht; die EU internen Verhandlungen stockten an der Position der ungarischen Regierung zum Thema Migration (siehe Blogbeitrag https://info.brot-fuer-die-welt.de/blog/post-cotonou-chance-eine-neue-partnerschaft). Somit reiste die EU Delegation ohne Mandat nach Lomé. Die AKP-Staaten präsentierten ihrerseits ein Mandat für die Neuaufnahme von Verhandlungen zwischen der EU und den AKP-Staaten. Auch dieses Mandat erschreckte in seinem Festhalten an Altem und brachte wenig Innovation oder gar Bruch mit Bisherigem. Einzig ein Festklammern am Europäischen Entwicklungsfonds in seiner bisherigen Form, also außerhalb des EU-Haushaltes, unterschied es von dem EU-Entwurf. Ende Juni konnten sich dann auch die EU Mitgliedsstaaten auf ein Mandat einigen und es schien, als stünde einem geplanten Verhandlungsbeginn Ende August 2018 nichts mehr im Weg.

Die Rechnung wurde aber ohne die Afrikanische Union (AU) gemacht, die ihrerseits in den letzten Monaten sehr aktiv gewesen ist. Erinnern wir uns an den AU Gipfel im März in Kigali. Dort hat sich die AU nicht nur für die Gründung einer afrikanischen Freihandelszone, der African Continental Free Trade Area (siehe Blogbeitrag https://info.brot-fuer-die-welt.de/blog/eine-freihandelszone-ganz-afrika) ausgesprochen, sondern auch für ein Ende der AKP-Struktur. Der AU schwebte eine Partnerschaft zwischen zwei Kontinenten, vertreten durch zwei gleichberechtige Institutionen vor: der AU und der EU. Für die karibischen und pazifischen Staaten plante die AU eigene bilaterale Abkommen. Wichtig war der AU dabei die Integration Nordafrikas; die Staaten sind nämlich nicht Bestandteil der AKP-Struktur. Nach dem AKP Ministertreffen in Lomé fragte man sich, was mit dem AU Vorstoß passiert sei, da er in Lomé unerwähnt blieb, aber man gewann den Eindruck, dass die traditionellen AKP-Mächte stärker waren. Nicht ganz, denn im Juni 2018 gab es einen AU Gipfel in Nouakchott, Mauretanien. Dort erneuerte die AU ihren Wunsch, Partner der EU für den afrikanischen Kontinent zu sein und mit der bestehenden AKP Struktur zu brechen.

Revolution in der letzten Minute?

Ende August wurde dann offiziell, dass die AU-Kommission stellvertretend für die afrikanischen Länder der AKP-Staaten um einen Aufschub des Verhandlungsbeginns gebeten hatte, um ihre Position zu finalisieren. Hoffnung, dass es doch noch zu einem anderen Post-Cotonou  kommen möge, keimte auf. Am 14. September fand ein AU Ministertreffen statt, welches die zukünftige Partnerschaft auf der Tagesordnung hatte und unter Zuhilfenahme des AU-Sondergesandten Carlos Lopes eine Lösung für die verfahrenen Positionen finden wollte.

Ende gut, alles gut? Oder weiter wie bisher?

Das Ergebnis ist, dass es erst einmal keine Kontinent-zu-Kontinent Verhandlung geben wird, sondern weiterhin eine AKP-EU Verhandlung, jedoch mit einem stärkeren Fokus auf die regionalen Besonderheiten.

Auf den ersten Blick enttäuscht das Ergebnis: keine der verhandelnden Parteien hatte den Mut, einen neuen Weg einzuschlagen; mit Bestehendem zu brechen oder die Versprechen des letzten AU-EU-Gipfels von Abidjan einzufordern.

Das Ergebnis ist ein Kompromiss. Damit es aber nicht zu einem Abkommen mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner wird, sind jetzt alle beteiligen Parteien gefordert, die Verhandlungen ernst zu nehmen und den Gestaltungsspielraum der nächsten Monate zu nutzen. Hier kommt allen zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen eine besondere Rolle zu, weil die Themen vielseitig sind und Expertise aus allen Fachbereichen gefordert ist. Neven Mimica sagte zum Verhandlungsbeginn: „The revision of the existing agreement is a great opportunity to further deepen the partnership and modernise it in response to global developments such as the UN 2030 Agenda or the Paris Agreement on climate change.”  Damit diesen Worten Taten folgen können, müssen wir gemeinsam aktiv werden.

Hoffnungsvoll kann man vielleicht davon ausgehen, dass die kräftezehrenden Diskussionen der letzten Monate bei allen Beteiligten etwas bewegt haben. Wir sehen, dass die AU aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht ist und eine eigene Meinung hat. Gut so, weiter so. Wir sehen, dass es Widerstände gibt, die europäischen Vorstellungen sang- und klaglos hinzunehmen. Gut so, weiter so.

 

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