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Deutschland: Großbaustelle Nachhaltigkeit

Elf zivilgesellschaftliche Verbände und Netzwerke veröffentlichen einen Bericht zum Zustand nachhaltiger Entwicklung in Deutschland. Sie fordern Veränderungen von der künftigen Bundesregierung und dem neuen Bundestag.

Von Ehemalige Mitarbeitende am

Die Herausgeber schreiben dazu:

„Vor einem Jahr haben wir den ersten unserer „Schattenberichte“ zur Lage der Nation in Sachen Nachhaltigkeit herausgebracht. Noch viel zu tun, mussten wir konstatieren. Ein Jahr später ziehen wir erneut Bilanz – und es wird nicht überraschen, dass wir zu ganz ähnlichen Schlüssen kommen, obwohl wir uns diesmal andere Themenfelder vorgenommen haben.

Ausgangspunkt – aber nicht alleiniger Maßstab – für die Betrachtungen in diesem Band ist die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die im September 2015 von den Staats- und Regierungschefs aller UN-Mitglieder – darunter auch die Bundesregierung – in New York verabschiedet wurde. Darin enthalten sind 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs), in denen sowohl Anforderungen an globale und nationale Politiken definiert werden, als auch Wege zur deren Erfüllung. Die Agenda enthält außerdem Ansätze für einen Überprüfungsmechanismus, der in der Zeit bis 2030 die Erreichung der Ziele begleiten soll. Dieser Band versteht sich unter anderem als Beitrag zu dieser Überprüfung für Deutschland.

Auch wenn die Agenda 2030 stark an Vorgängerprojekte der Vereinten Nationen erinnert, allen voran die 2015 ausgelaufenen Millenniumsentwicklungsziele, so bringt sie doch qualitativ einige Fortschritte mit sich. Zum einen stellt sie eine tatsächliche Nachhaltigkeitsagenda dar, d.h. sie befasst sich nicht ausschließlich mit Fragen sozialer oder ökonomischer Entwicklung, sondern sieht diese im Zusammenspiel mit ökologischen Fragen und umgekehrt. Mehr noch: Die drei klassischen Säulen der Nachhaltigkeit – Soziales, Ökonomie, Ökologie – wurden um die beiden Aspekte Frieden und globale Partnerschaft zu einem fünf-dimensionalen Modell „Menschen, Planet, Wohlstand, Frieden, Partnerschaft“ erweitert.

Zum anderen hat sie einen universellen Anspruch. Sie soll nicht mehr ausschließlich oder prioritär Strategien für die sog. Entwicklungsländer oder die Länder des globalen Südens formulieren, sondern auch die nötigen Beiträge der reichen Länder des globalen Nordens ausbuchstabieren. Genau hier setzen wir an. Was muss sich in Deutschland, an der deutschen Politik ändern, damit sowohl Deutschland als auch andere Länder auf dem Globus die Möglichkeit haben, einen Pfad nachhaltiger Entwicklung einzuschlagen? Auch Deutschland ist von einer Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft im Sinne der fünf Dimensionen der Agenda 2030 noch meilenweit entfernt.

In Anlehnung an die 17 SDGs formuliert dieser Schattenbericht Analysen, Kritik und mögliche Handlungsanweisungen für 17 Themenbereiche, von der Altersarmut bis hin zur deutschen Außenpolitik (in Teil II). Voran stellen wir Querschnittsanalysen zu Bereichen, die in der Logik der 17 SDGs nur unzureichend zu verorten wären, etwa zum Themenbereich „Populismus“ oder der Frage internationaler Steuerkooperation (Teil I). Insgesamt lassen sich die Aussagen dabei drei Leitmotiven zuordnen:

Zunächst ist festzuhalten, dass Deutschland noch lange nicht auf einem Weg hin zu nachhaltigen Lebensweisen ist. Das gilt auch für die Situation in Deutschland und betrifft die Menschen hierzulande sowohl in sozialer (Stichworte Ungerechtigkeit und Armut), in ökonomischer (Energiepolitik und Infrastruktur), als auch ökologischer Hinsicht (unter anderem Feinstaubbelastung, Zustand der Ökosysteme) sowie in einer zunehmenden Gewaltbereitschaft und Polarisierung (Extremismus und Populismus), welche die Prinzipien „Frieden“ und „Partnerschaft“ in Frage stellen. „Nachhaltigkeit“ für Deutschland hieße also auch, die Lebenssituation der Menschen hierzulande zu verbessern.

Weiterhin hat die Art und Weise, wie wir in Deutschland unser Zusammenleben, unseren Konsum und unsere Produktion organisieren, Auswirkungen auf Menschen am anderen Ende der Erde. Deutschland hat einen „Fußabdruck“ in der Welt, der größer ist, als er sein sollte. Das gilt sowohl für unseren Ressourcenverbrauch, als auch für den Ausstoß von Klimagasen, aber natürlich auch für Themen wie die Agrarpolitik oder den Außenhandel.

Zuletzt ist zu attestieren, dass Deutschland seiner internationalen Verantwortung nicht gerecht wird, unter anderem in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, aber auch in der globalen Wirtschafts- und Umweltpolitik. 

Adressat für die Analysen in diesem Band ist nicht zuletzt die Politik der Bundesregierung, in welcher Konstellation sie auch immer nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 zusammentreten wird. Denn – und das zeigen die Beiträge in unserem Schattenbericht – das Vertrauen auf einen Bewusstseinswandel von Konsument/innen und Produzent/innen allein wird uns dem Ziel „Nachhaltigkeit“ nicht rasch genug näher bringen.“

Zu den 42 Exptertinnen und Experten, die für den Bericht beiträge verfasst haben, gehören auch zwei Kolleginnen von Brot für die Welt:

So wendet sich Luise Steinwachs (Referatsleiterin in der Politikabteilung des Hauses) gemeinsam mit Ragnar Hoenig (AWO) einem Thema zu, das in Zukunft erheblich an Brisanz gewinnen wird. Deutschland hat seit 2000 den Niedriglohnsektor massiv ausgeweitet. Es kann kaum überraschen, dass die Konsequenz von Löhnen, die kaum zum Leben reichen, Renten sein werden, die erst recht nicht zum Leben reichen. „Ein wesentlicher Faktor sind prekäre oder informelle Arbeitsverhältnisse – insbesondere bei Frauen – und schwach entwickelte staatliche soziale Sicherungssysteme, die den Menschen oftmals keine Alterssicherung ermöglichen.“ Eine Baustelle, die durch Nichtstun nicht kleiner, sondern grösser wird (siehe Kapitel II.01). Antje Monshausen, Leiterin von Tourism Watch bei Brot für die Welt wiederum beschäftigt sich mit dem deutschen Beitrag zur Umsetzung des Zugangs zu Wasser und die Rolle des deutschen Auslandstourismus. Sie kommt zum Ergebnis: „Auf Grund seines hohen und zunehmenden Wasserverbrauchs, ist der Tourismus momentan eher ein Hemmschuh für die Erreichung von SDG 6. Damit sich dies ändert, ist in Deutschland eine grundlegende Politik-, Unternehmens- und Konsumwende im Tourismus nötig.“ Es sei höchste Zeit, dass der Tourismus und seine Folgen gerade in den Ländern des Südens angemessen in der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigt wird.

Viel Spaß bei der interessanten Lektüre!

 

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