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Eine andere Perspektive. Interview mit Arshinta aus Indonesien

Von Gastautoren am

Arshinta (42) ist Koordinatorin für Programmentwicklung und Partnerschaften bei YAKKUM, einem indonesischen Hilfswerk, das von verschiedenen indonesischen Kirchen getragen wird und das im Gesundheitswesen und der Katastrophenhilfe tätig ist. Ebenso wie Brot für die Welt ist YAKKUM Mitglied des internationalen Netzwerks ACT Alliance. Mit der Diakonie Katastrophenhilfe pflegt YAKKUM seit über 10 Jahren eine gute Partnerschaft.

Indonesien stellt hier in Busan mit 150 Teilnehmenden eine der größten Delegationen. Arshinta nimmt offiziell als Medienvertreterin teil und verfasst Beiträge für indonesische Medien. Ich habe Arshinta zu ihren Eindrücken befragt.

Hinweis: Das Interview haben wir auf Englisch geführt. An ein paar Punkten war es leider nicht ganz einfach, eine adäquate Übersetzung ins Deutsche zu finden.

"Arshinta, weshalb ist der Ökumenische Rat der Kirchen für die Situation der Kirchen in Indonesien relevant?

Indonesien ist ein Hotspot, an dem eine Vielfalt von ethnischen Gruppen, Traditionen, ökonomischen und geographischen Gegebenheiten zu finden sind. Dazu muss man auch die Kirchen zählen, die ganz verschiedenen Konfessionen angehören. Der ÖRK dient als das globale Bindeglied, dem sich die indonesischen Kirchen zugehörig fühlen. Er inspiriert und ermutigt sie, sich auf eine gemeinsame Reise zu begeben. Um das Bild der Reise fortzuführen: Die Kirchen wechseln zwar immer wieder das Verkehrsmittel. Dank des ÖRK sind sie jedoch in der Lage, auf der Reise eine gemeinsame Vision und gemeinsame Werte zu entwickeln, die auf ein Leben in Gerechtigkeit und Frieden abzielen.

Der ÖRK ist vor allem eine Organisation von Kirchen. Was hast Du als Mitarbeiterin eines Hilfswerks Dir von der Vollversammlung erhofft? Haben sich Deine Hoffnungen bislang erfüllt?

Als ich mich bei der Vorversammlung der Hilfswerke im April 2013 in Genf mit dem Thema dieser 10. Vollversammlung beschäftigt habe, habe ich mich gefragt, wie es gelingt, bei einem so weiten Spektrum an Konfessionen, geographischen, sozialen und politischen Kontexten, großer und kleiner Institutionen solche großen Probleme der Weltgemeinschaft zu diskutieren. Werden wir einander näherkommen und eine gemeinsame Position einnehmen? Oder wird genau das Gegenteil geschehen? Engagieren wir uns hier trotz unserer Unterschiedlichkeit?

Ich denke, wir sollten so ehrlich sein und uns klar machen, dass viele globale Veranstaltungen zwar ganz nett sind, da sie Resolutionen oder Verlautbarungen zu bestimmten Themen beschließen. Aber wenn es darum geht, sich tatsächlich einzubringen und aktiv zu werden, dann lassen sich davon nur ein paar Dinge tatsächlich umsetzen. Natürlich sollte man das nicht zu sehr generalisieren, es ist aber die Erfahrung vieler Menschen, die bei einem solchen Ereignis waren. Gleichzeitig habe ich festgestellt, dass das Leitthema der beiden Versammlungswochen relevant für unser Leben heute ist.

Da ich weiß, wie vielfältig die Diskurse in den evangelischen Kirchen über ethische, politische oder ökonomische Fragen sein können, bin ich mit einem gemischten Gefühl hergekommen. Einerseits war ich sehr enthusiastisch, mehr über die aktuellen Diskussionen und Trends in der Ökumene zu erfahren, zum Beispiel zum Thema Mission, aber gleichzeitig habe ich auch das Risiko gesehen, mit zu großen Erwartungen zu kommen. Denn die Gespräche hier in Busan konkret zu machen, bedeutet, dass wir in den lokalen Kirchen und Gemeinden etwas erarbeiten müssen. Solche globalen Treffen wie die Vollversammlung sind dann dafür eine Quelle für Inspiration und Visionen, wie wir den aktuellen Herausforderungen begegnen können.

Welche Herausforderungen sind das für Euch im indonesischen Kontext?

In unserem Land ist es immer noch schwierig für die Zivilgesellschaft. Obwohl es in ein paar Bereichen in der letzten Zeit einfacher geworden ist. Bis heute aber finden wir von der Regierung kaum Unterstützung für unsere soziale Arbeit oder für die Katastrophenhilfe. Manchmal ist es sogar so, dass sie sich aufgrund unserer Arbeit nicht mehr verantwortlich fühlt. In Katastrophenfällen ist es oft schwierig, Gelder aus dem Ausland zu akquirieren, weil die Regierung aus Sorge um das Image unseres Landes keinen Katastrophenalarm ausruft. Ohne das ist es viel schwer, Fundraising im Ausland zu machen. Außerdem müssen wir für unsere sozialen Programme Steuern abführen.

Unser Land ist ein Land mit signifikanten Ungerechtigkeiten. Ein Beispiel ist der Umgang mit religiösen Minderheiten in Ostjava, wo es eine sunnitische Mehrheitsbevölkerung gibt. Die Mitglieder der schiitischen Minderheit werden sozial stark isoliert, weil sogar die Regionalregierung sie als sündhafte Gruppe ansieht und kaum jemand die Stimme für die Schiiten erhebt.

Eine besondere Herausforderung für unser Land sind außerdem die geographisch abgelegenen Inseln, wo es keine Infrastruktur, kein Gesundheitssystem und keine Schulen gibt und wo die Menschen oftmals nicht einmal einen Personalausweis haben.

Welche Erfahrungen und Geschichten wirst Du für die alltägliche Arbeit nach Indonesien mitnehmen?

Die dynamischen spirituellen Ausdrucksformen der koreanischen Kirchen und die effektive Arbeitsethik der Koreaner. Diese zwei Dinge gehören sicherlich zu meinen eindrucksvollsten Erfahrungen, die ich meinem Netzwerk zuhause in Indonesien weitergeben möchte.

Du hast an der Vorversammlung von EDAN, dem Ökumenischen Aktionsbündnis von und für Menschen mit einer Behinderung, teilgenommen. Was ist der besondere Beitrag von Menschen mit einer Behinderung zur ökumenischen Bewegung?

Die EDAN-Vorversammlung befürwortete einen Wandel von einer theology for disability (Theologie für Menschen mit Behinderung) zu einer inklusiven theology with disabilities (Theologie mit Menschen mit Behinderung). Sie hat sich eingesetzt für ein Theologieverständnis, bei dem sich Menschen mit und ohne eine Behinderung gemeinsam mit theologischen Fragen befassen. Voraussetzung dafür ist das Verständnis, dass jeder Mensch besondere Kompetenzen und Potenziale hat, ganz gleich, ob er/sie „normal“ oder „anders“ ist, dem Christentum angehört, reich oder arm ist, usw. Wenn wir uns auf ausgeglichene Beziehungen und einen Weg des inklusiven Denkens und Arbeitens einigen, kann kein Geschöpf ausgeschlossen werden. Sie alle haben etwas beizutragen zu dieser „Feier des Lebens“.

Es würde das Leben der Kirchen und der ökumenischen Bewegung bereichern, wenn diese Gedanken, die wir bei EDAN entwickelt haben, künftig in alle Diskurse mit einfließen. Eine Teilnehmerin sagte „Wenn wir die Elemente unserer Arbeit (Programme, Ansätze, Leitlinien usw.) auf den Kontext von Menschen mit Behinderung anwenden können, dann muss es auch auf andere Bereiche anwendbar sein.

Zum Abschluss möchte ich Dich bitte, in Kürze zu beschreiben, was für Dich Ökumene bedeutet:

Ökumene ist nicht einfach eine Option unter vielen, sondern ist ein Muss. Denn wir leben in einer Realität, in der das Leben grundsätzlich von Vielfalt und Unterschieden geprägt ist: verschiedene Geschlechter, Menschen und andere Lebewesen, Dunkelheit und Licht usw. Um ehrlich zu sein, bedeutet Ökumene für mich persönlich vor allem Erholung und Erfrischung. Auf der Reise des Lebens kann man jeder Person und jeder Sache unvoreingenommen begegnen, ohne Furcht vor Fehlern oder vor Verurteilungen haben zu müssen. Denn wir befinden uns auf einer gemeinsamen Suche. Ein Satz, den ich einmal gehört habe, fasst das ganz gut zusammen: „Im Leben geht es nicht darum, die korrekten Antworten zu finden, sondern die richtigen Fragen.

Vielen Dank für das Gespräch!"

 

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