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Gefährliche Rechenspiele beim Klimaschutz

Um die Pariser Klimaziele trotz schwacher Ambitionen vieler Staaten für den Klimaschutz noch zu erreichen, sollen große Mengen an Kohlendioxid nachträglich aus der Atmosphäre entfernt werden. Ein neuer Bericht von Brot für die Welt verdeutlicht Risiken und Grenzen dieser Strategie.

Von Eike Zaumseil am

Mit dem Pariser Klimaabkommen hat sich die Staatengemeinschaft dazu verpflichtet, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst sogar auf maximal 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellem Niveau zu begrenzen. Was zu Recht als diplomatischer Erfolg gefeiert wurde, bedeutet jedoch noch keinen klimapolitischen Durchbruch. An dem gemessen, was die Staaten bislang an nationalen Klimazielen vorgelegt haben, wird das globale Kohlenstoffbudget, mit dem die 2-Grad-Marke noch zu halten wäre, 2030 bereits zu großen Teilen aufgebraucht sein. Für die 1,5 Grad-Grenze ist das bereits in fünf Jahren der Fall. Hat die C02-Konzentration in der Atmosphäre diese kritischen Punkte aber erstmal überschritten, wird der Treibhauseffekt die Erde unweigerlich weiter aufheizen.

Ist das Klima noch zu retten?

Um die Klimakatastrophe dann noch zu verhindern, muss das überschüssige Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre entfernt werden. Im Klimajargon spricht man von Negativemissionen. Was früher als Notlösung und Plan B gehandelt wurde, ist mittlerweile fester Bestandteil aller realistischen Emissionsszenarien des Weltklimarates.

Aber wie entstehen Negativemissionen? Welche Technologien sollen das bewerkstelligen? Welche Risiken gehen damit einher, und wer ist davon betroffen? In Politik und Öffentlichkeit werden diese Fragen bislang kaum diskutiert, obwohl Klimaschutz, Ernährungssicherheit und Armutsbekämpfung in einen schweren Konflikt zu geraten drohen.

Neuer Bericht macht Risiken deutlich

Mit dem neuen Bericht „Going Negative: How carbon sinks could cost the Earth“ legt  Brot für die Welt gemeinsam mit den Waldschutzorganisationen Fern, Rainforest Foundation Norway und Friends of the Earth Norway einen kritischen Aufriss zu diesem brisanten Thema vor. Der Bericht macht deutlich, welche enormen Auswirkungen das so genannte Climate Engineering auf die zukünftige Landnutzung haben könnte. Technisch und finanziell werden sich Negativemissionen nämlich vor allem über großflächige Aufforstungen oder das Verbrennen von Biomasse in der Verbindung mit der umstrittenen CCS-Technologie erreichen lassen. Dabei werden schnellwachsende Gräser oder Bäume zur Energiegewinnung verbrannt. Damit der in den Pflanzen gebundene Kohlenstoff nicht wieder in die Atmosphäre entweicht, muss er mit Filtern aufgefangen und anschließend in unterirdischen  Lagerstätten gespeichert werden. Das Ganze firmiert unter dem Kürzel BECCS (Bioenergy with Carbon Capture and Storage).

Dort, wo im großen Stil Baumplantagen entstehen oder Energiepflanzen angebaut werden, wachsen jedoch keine Nahrungsmittel mehr. Einmal mehr besteht die Gefahr, dass die Menschen vertrieben und sensible Ökosysteme zerstört werden. Leidtragende wären vor allem die Menschen in ärmeren Ländern, dort wo Land billig ist und es oft keine gesicherten Landtitel gibt. Dass dies keine Fiktion ist, zeigen schon heute die große Flächenkonkurrenz und Landkonflikte in Folge des gestiegenen Anbaus von Futtermitteln und der Biosprit-Produktion. In Indonesien, Malaysia oder Brasilien zerstören großflächige Palmölplantagen wertvolle Ökosysteme, verdrängen Kleinbauern und -bäuerinnen und gefährden die ohnehin unsichere Ernährungssicherheit in diesen Ländern.

Kein Vorwand für schwachen Klimaschutz

Müssen wir die ambitionierten Pariser Klimaziele also aufgeben, wenn wir nicht wollen, dass ganze Landstriche der industriellen Verwendung neuer Technologien für den C02-Entzug aus der Atmosphäre zum Opfer fallen? Anstrengungen für den Klimaschutz geraten in dieses Dilemma, wenn es nicht das vorrangige Ziel bleibt, den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid deutlich zu verringern. Nur dann lassen sich neue Risiken von Landvertreibungen, Menschenrechtsverletzungen und einer Gefährdung der Ernährungssicherheit begrenzen. Das Pariser Klimaabkommen beinhaltet dafür sogar einen speziellen Mechanismus, durch den die nationalen Klimaziele alle fünf Jahre überprüft und angehoben werden müssen. Wissenschaft und Zivilgesellschaft müssen jetzt deutlich machen, dass sich Klimapolitik nicht auf spekulative Negativemissionen in der Zukunft verlassen kann. Ganz vermeiden kann man sie realistischer Weise jedoch nicht. Dafür braucht es aber nicht unbedingt Risikotechnologien wie BECCS, sondern nachhaltigen Waldschutz und eine ökologische Agrarwende. Unter solchen Bedingungen können sich Böden und Wälder auf natürliche Weise regenerieren und als wirksame Kohlenstoffsenken auch langfristig Klimaschutzfunktionen übernehmen. Dies muss jedoch im Zuge nachhaltiger Anstrengungen für den Klimaschutz zusätzlich und nicht nur als Ausgleich zur schnellen und umfassenden Dekarbonisierung der Weltwirtschaft geschehen.

 

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