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Global Action or Dissatisfaction?

Die Zielmarke zur Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele rückt immer näher, doch die bisherigen Fortschritte lassen zu wünschen übrig. Nun soll ein Globaler Aktionsplan der WHO SDG3 voranbringen.

Von Mareike Haase am

Die globalen Gesundheitsakteure

Besonders SDG 3, das ein „gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“ soll, wird nach aktuellem Stand bis 2030 nicht erreicht. Business as usual reicht nicht aus um diesen Trend umzukehren.

Das erkannten auch die Regierungen von Deutschland, Ghana und Norwegen und forderten im April 2018 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Lösungen, um SDG 3 schneller zu erreichen. Dabei lag der Schwerpunkt auf einer verbesserten Zusammenarbeit der vielfältigen Akteure im Gesundheitsbereich. Die WHO sollte den Prozess anleiten und so auch ihr Kernmandat — nämlich die globalen Gesundheitsbemühungen zu koordinieren — stärker als bisher wahrnehmen.

Viele NGOs, darunter Brot für die Welt, befürworteten diesen Anstoß sehr, bemängeln sie doch schon lange die Fragmentierung im Gesundheitsbereich und die schwache Positionierung der WHO in der Gesundheitslandschaft. Seit vor 17 Jahren der Globale Fonds zur Erreichung von Aids, Tuberkulose und Malaria und die Impfallianz Gavi gegründet wurden, sind an die 100 Gesundheitsinitiativen hinzugekommen, die jedoch wenig abgestimmt mit- und häufig parallel zueinander agieren. Dadurch gehen Effizienz und mögliche Synergien verloren, die Länder leiden unter hohen Transaktionskosten. Vielfach werden dabei zudem nationale Gesundheitsprioritäten vernachlässigt, um den Partnern (und Gebern) gerecht zu werden.

Um dem also entgegenzuwirken sicherte die WHO zu, gemeinsam mit bis dato elf weiteren globalen Partnern* einen „Global Action Plan for healthy lives and well-being for all“ (GAP) zu erarbeiten. Der offizielle Startschuss dafür wurde auf dem World Health Summit im Oktober 2018 in Berlin gegeben. Nur ein Jahr später, im September 2019, bei einem UN-Treffen mit den Regierungsspitzen der Welt, soll der ausgearbeitete GAP vorgestellt werden. Dementsprechend findet gerade die heiße Phase zur Entwicklung des Plans statt.

Doch was bedeutet das konkret?

Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Der gesamte Prozess ist bisher undurchsichtig. Die neuesten Informationen auf der WHO Website stammen von Dezember 2018, Aktuelles ist kaum bekannt. Und das, obwohl es nur noch sechs Monate bis zur Vollendung des GAP sind — Konsultationen mit verschiedenen Akteursgruppen, wie Regierungen und Zivilgesellschaft, sollten laut offiziellem Zeitplan längst stattfinden.

Nachfragen bei der WHO ergaben, dass sich der Prozess bisher auf globaler Ebene unter den unterzeichnenden Partnern abspiele und dass erst in einem späteren Schritt die Beteiligung von Mitgliedsstaaten oder anderen Akteuren geplant sei.

Der richtige Weg, um einen sinnvollen GAP zu entwickeln?

Aus Sicht von Brot für die Welt ist dies zweifelhaft. Würden frühzeitig alle relevanten Akteure eingebunden, könnte sichergestellt werden, dass im GAP die Belange der Länder und nicht die Interessen der zwölf Unterzeichnenden im Vordergrund stehen.

Die fehlende Anbindung des GAP an lokale Herausforderungen wurde deutlich in einem Fachgespräch zum Aktionsplan, das vor wenigen Tagen in Berlin stattfand. Während die anwesenden Regierungsvertreter betonten, dass fehlendes Gesundheitspersonal eines der größten Hindernisse sei, um SDG 3 zu erreichen, wird dieser Aspekt  in den sieben Accelerators (Beschleunigern), das Kernstück des GAP, kaum aufgegriffen. Dabei stellt der Mangel an Fachkräften Gesundheitssysteme weltweit vor große Herausforderungen. Die Partnerorganisationen von Brot für die Welt beklagen seit vielen Jahren diesen Zustand. Auch die WHO hat diese Krise erkannt und schon 2010 empfohlen, Gesundheitsarbeit an „Health Workforce“, als eine der sechs grundlegenden Säulen eines jeden Gesundheitssystems, auszurichten. Doch die Ursachen des Problems — beispielsweise mangelnde Ausbildung und Arbeitsplätze, aber auch arbeitsbedingte Migration und nicht zuletzt die aktive Abwerbung von Personal durch andere Länder — standen bisher zu wenig im Zentrum der gemeinsamen Bemühungen der Gesundheitsakteure. Empfehlungen von NGOs, deshalb „Health Workforce“ als weiteren Accelerator des GAP hinzuzufügen, wurden bisher abgelehnt.

Aus Sicht von Brot für die Welt wäre es sinnvoll, auch frühzeitig zivilgesellschaftliche non-profit Organisationen zu beteiligen. In vielen Ländern sind sie es, die Gesundheitsdienste vollbringen, in fragilen Kontexten und schwer erreichbaren Gebieten vielfach sogar die Einzigen. Nicht zuletzt sind zivilgesellschaftliche Organisationen qua Mandat dem Gemeinwohl verpflichtet und grenzen sich dadurch von profitorientierten Akteuren ab. Sie stellen also ein sinnvolles Korrektiv im Zusammenspiel zwischen Regierungen und privaten Institutionen dar und können sicherstellen, dass Lösungsansätze im Sinne des Gemeinwohls entschieden werden. Wer sich mit den unterzeichnenden Partnern des GAP befasst wird schnell feststellen, dass wirtschaftsnahe Stiftungen aber auch Pharmaunternehmen unter deren Hüten vereint sind und ein solches Korrektiv daher angebracht sein kann.

Die WHO würde gut daran tun, sich durch die Zivilgesellschaft beraten zu lassen, um am Ende einen realisierbaren Aktionsplan zu erreichen. Deshalb stehen nationale und internationale NGOs seit Monaten bereit zu unterstützen, aber ihre Expertise wurde bisher  von der WHO nicht abgerufen. 

Ist die WHO in der Lage, ihr Kernmandat zu erfüllen?

Von einigen wird der GAP gar als Lackmustest für die Handlungsfähigkeit der WHO gesehen. Wie viele UN Organisationen, befindet sie sich in einer massiven Finanzkrise. Die Beiträge der Mitgliedsstaaten stagnieren seit langem und das Kernbudget reicht nicht aus, um die Programmprioritäten umzusetzen. Nur durch freiwillige Spenden, mittlerweile 80 Prozent des WHO Budgets, bleibt die WHO handlungsfähig. Bis auf einen sind alle GAP Partner zugleich auch Geldgeber der WHO. Dadurch steckt die WHO in einem klassischen Interessenkonflikt. Fraglich ist, ob sie in dieser Zwickmühle tatsächlich ihr Mandat erfüllen kann, eine übergeordnete, koordinierende Instanz zu sein, oder ob sie nicht eher zwischen den Partikularinteressen der einzelnen Akteure hin und her lavieren muss.

Make the „action“ happen!

Noch besteht die Möglichkeit, den GAP in die richtige Richtung zu lenken. Die WHO muss jetzt handeln und die Führung übernehmen. Sie sollte alle Akteure an den Tisch bringen, es sollten die diversen Interessen offengelegt und ein gemeinsamer Nenner gefunden werden. Nur dann kann am Ende ein Aktionsplan entstehen, der anerkannt und erfolgreich umgesetzt wird. 

Wir sind uns alle einig, dass ein „business as usual“ nicht ausreicht, um SDG3 und am Ende eine Verbesserung für alle Menschen weltweit zu erreichen. Bis zum UN High Level Meeting ist es noch ein gutes halbes Jahr. Es wird Zeit, die Energie zu bündeln und dem Anspruch „for healthy lives and well-being for all“ gerecht zu werden.

Von Hannah Eger und Mareike Haase

* Gavi, Global Financing Facility, The Global Fund, UNAIDS, UNDP, UNFPA, UNICEF, Unitaid, UN Women, World Bank Group, WHO, World Food Programme

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