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Rohstoffabbau, Menschenrechtsverletzungen und Unternehmensverantwortung

Von Isabelle Uhe am

Vielseitiger Diskussionsabend mit Delegation aus Südafrika sowie VertreterInnen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft

Die „Denkerei“ in Berlin-Kreuzberg machte am vergangenen Donnerstag ihrem Namen alle Ehre. Über 70 Gäste nahmen an der Diskussionsveranstaltung „Reden ist Silber, Handeln ist Platin – Platinabbau in Südafrika und die Lieferkettenverantwortung der deutschen Industrie“, die unter anderem von Brot für die Welt organisiert wurde, teil und sie hatten auf dem Weg nach Hause viel Stoff zum Nachdenken im Gepäck. Zu Gast war eine fünfköpfige Delegation aus Südafrika, die sich in diesen Tagen in Berlin befindet, um über ihr Leben zu sprechen, über ihr Unglück und um Fragen zu stellen, die der Abbau des wertvollsten Edelmetalls aufwirft, das einigen wenigen Menschen viel Reichtum beschert und anderen Menschen viel Leid bringt: Platin.

34 Männer, die diesen Rohstoff  in einer Mine im südafrikanischen Marikana abbauten, verloren am 16. August 2012 ihr Leben. Sie wurden von der Polizei während eines Streiks erschossen, als sie für ihre Rechte, für ein besseres Gehalt und für bessere Lebensumstände kämpften. Den Kampf führen nun die Hinterbliebenen und solidarische AktivistInnen weiter. Ihre Waffen sind ihre Worte, ihre Lebenssituation, ihre Erinnerungen und ihr Schmerz. Zwei Vertreterinnen der „Witwen von Marikana“ führt dies nun auf eine Speaker’s Tour quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Zu der fünfköpfigen Delegation gehören außerdem: Noma Russia Bonase und Judy Seidmann, Vertreterinnen der Khulumani Support Group; Bischof Jo Seoka, Vorstandsvorsitzender der Bench Marks Foundation, einer Partnerorganisation von Brot für die Welt und Vertreter der MinenarbeiterInnen.

Fast vier Jahre sind vergangen und nichts ist geschehen

Sie möchten sich Gehör verschaffen, sie erwarten eine Entschuldigung von den Verantwortlichen und eine finanzielle Entschädigung. Doch obwohl die staatlich eingesetzte Untersuchungskommission in ihrem Abschlussbericht dem Minenbetreibers Lonmin eine Mitschuld attestiert, hat das Unternehmen bis heute noch keine Taten folgen lassen, um die Lebenssituation der Menschen zu verbessern. Den Witwen die Arbeitsplätze der Männer anzubieten, so wie es Lonmin tatsächlich tat, erscheint von daher weniger als eine Tat der Menschenliebe, sondern makaber und als ein Zeichen fehlenden Mit- und Verantwortungsgefühls.   

Keine Gerechtigkeit: Straflosigkeit und Unverbindlichkeiten

Fürchterliche Menschenrechtsverbrechen, in die Unternehmen verwickelt sind,  wie eben bei diesem Massaker, bleiben oft straflos. Menschenrechtsverletzungen entlang von Lieferketten sind in vielen Ländern ein tägliches Phänomen. Sollten nicht spätestens hier Handelspartner, die mit derartigen Firmen Geschäftsbeziehungen unterhalten, aufhorchen, ja Konsequenzen ziehen? Diese Frage stellten sich Maren Grimm und Jakob Krameritsch von der Akademie der Bildenden Künste in Wien, als sie herausfanden, dass der deutsche Konzern BASF im Jahr des Massakers der größte Abnehmer des Platins von Lonmin war. Sie recherchierten u.a. vor Ort in Marikana und initiierten daraufhin die Speaker’s Tour „BASF und das Massaker von Marikana – Wie weit reicht die Lieferkettenverantwortung deutscher Unternehmen“ mit den Gästen aus Südafrika. Denn trotz aller schönen Worte und Floskeln, die BASF nutzt, um das Bild eines verantwortungsvollen Unternehmens zu zeichnen, das seine Sorgfaltspflicht entlang der Lieferkette vermeintlich ernst nimmt, scheint es keine Mahnung an den Geschäftspartner gegeben zu haben, geschweige denn noch weitreichendere Konsequenzen, die der Schwere des Marikana-Massaker gerecht wären.

Zu unverbindlich sind die Leitlinien, wie die der UN, denen sich die Unternehmen anschließen können, um im öffentlichen Raum Zeugnis abzulegen, verantwortlich im Sinne der Menschenrechte zu handeln, denn sie sind immer noch freiwillig. Doch es ist Bewegung in der Sache: aktuell wird in Deutschland ein Nationaler Aktionsplan erarbeitet, der Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen soll.

Wahrnehmungsproblem

Diese Themenkomplexe wurden auf den zwei Podien der Berliner Denkerei gemeinsam mit den Gästen aus Südafrika sowie Jens Wagner vom Auswärtigen Amt, dem Bundestagsabgeordneten  Niema Movassat von der Partei Die Linke, Sarah Lincoln von Brot für die Welt sowie Thorsten Pinkepank von der BASF diskutiert. Wie zu erwarten, gingen die Meinungen oft sehr stark auseinander. Grund dafür ist, wie Maren Grimm es treffend formulierte, ein „Wahrnehmungsproblem“ zwischen dem, was in Berichten und auf Internetseiten geschrieben steht, wie sich Unternehmen also durch Worte reinwaschen und dem, was vor Ort zu sehen ist, nämlich dass die Menschen in ärmlichen Verhältnissen leben müssen, da sie kein angemessenes Gehalt bekommen, nicht viel Geld für den Schulbesuch der Kinder bleibt oder die Gesundheit aufgrund der schlechten Wasserqualität in der Nähe der Mine leidet – ganz zu schweigen von dem Schmerz, den die Menschen fühlen, wenn man versucht, ihnen täglich aufs Neue ihre Würde zu nehmen.

Natürlich bewegt sich die Debatte hier zwischen Moral und Gesetz, doch wie auch die Bench Marks Foundation immer wieder betont: ein Unternehmen ist eine soziale Entität. Sie wird von Menschen für Menschen gemacht. Die juristische Person, die ein Unternehmen qua Gesetz ist, hat kein moralisches Gewissen (auch wenn sich hier streiten lässt, dass Gesetze auch auf dem moralischen Gebäude einer Gesellschaft gebaut sind). Doch Menschen die für solche Unternehmen, arbeiten haben es in der Hand, notwendige Schritte zu gehen, um ein gerechteres Miteinander zu gestalten.

Nächste Stopps der Delegation sind der Bundestag sowie die BASF-Aktionärsversammlung am 29. April 2016.

 

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