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Sierra Leone vor der Wahl

Die Jugendlichen in Sierra Leone, einem kleinen westafrikanischen Land mit fünf Millionen Einwohnern, spielen eine zentrale Rolle bei der bevorstehenden Präsidenten- und Parlamentswahl. Sie sind es, die Unterstützer für den Wahlkampf auf der Straße organisieren, Wahlkampfparties füllen und für deren Erfolg sorgen, sie sind es auch, die als Mehrheitsbeschaffer für die Parteien unermüdlich im Einsatz sind. Es ist die dritte freie Wahl seit dem Ende des blutigen Bürgerkriegs 2002.

 

Von Online-Redaktion am

Die Jugendlichen in Sierra Leone, einem kleinen westafrikanischen Land mit fünf Millionen Einwohnern, spielen eine zentrale Rolle bei der bevorstehenden Präsidenten- und Parlamentswahl. Sie sind es, die Unterstützer für den Wahlkampf auf der Straße organisieren, Wahlkampfparties füllen und für deren Erfolg sorgen, sie sind es auch, die als Mehrheitsbeschaffer für die Parteien unermüdlich im Einsatz sind. Es ist die dritte freie Wahl seit dem Ende des blutigen Bürgerkriegs 2002. Am 17. November 2012 sind rund 2,7 Millionen Wahlberechtige aufgerufen, über den künftigen politischen Kurs im Land abzustimmen. Die Hälfte aller Wähler sind Erstwähler im Alter zwischen 18 und 23 Jahren.

Jugendliche sind Hauptakteure im Wahlkampf

Am 17. Oktober hat der offizielle Wahlkampf begonnen. Seitdem vergeht kaum ein  Tag, an dem die Anhänger der verschiedenen Parteien nicht durch die Straßen ziehen. Mit Musik, Tanz und jeder Menge Wahlkampfrhetorik werben sie um Stimmen. Jeden Tag dominiert eine andere Farbe die Stadt. Sind die Anhänger der Regierungspartei All People’s  Congress (APC) am Zug, verwandeln sie die Hauptstadt Freetown in ein rot-weißes Farbenmeer. Dominieren weiß-grün, buhlt die Sierra Leone People’s Party (SLPP) um die Gunst der Wähler. Junge Leute, meist Männer, führen die „Wahlkampf Paraden“ an und verkünden lautstark die Ziele der jeweiligen Partei. „Ohne APC hätten wir keine kostenlose medizinische Versorgung für Kleinkinder und Mütter“, verkündet einer lautstark auf einer Rally der Regierungspartei APC. Die Jugend bildet die treibende Kraft für die Parteien im Wahlkampf. Bereits lange im Vorfeld der Wahlen, haben sie sich stark gemacht, damit sich möglichst viele Wähler registrieren lassen. Das ist neu und wird von der Zivilgesellschaft durchweg als positives Zeichen gewertet.

Nicht ohne Finanzspritze

Ein 18-Jähriger, ganz in rot-weiß gehüllt, Farben der APC, ist außer sich vor Begeisterung auf einer Veranstaltung der Regierungspartei und sagt allen, dass er und seine Freunde in diesem Jahr APC wählen. Die Begründung dafür liefert er gleich mit: „Wir haben Strom, wir haben Wasser und unsere Straßen werden ausgebaut. All das hat APC erreicht. Sie mögen uns und kümmern sich um unsere Probleme“. Aber ganz selbstlos ist sein Engagement nicht. Selbstbewusst berichtet er, dass Geld, Alkohol und Essen von der APC gesponsert werden. Im Gegenzug unterstützen er und seine Freunde die öffentlichen Veranstaltungen und sorgen für gute Stimmung. Ein anderer junger Mann ist verwirrt und jammert: „Ich bin APC Anhänger, schon immer gewesen. Aber was soll ich jetzt bloß machen“? Sein Problem: Er hat Geld von der Oppositionspartei SLPP genommen. Schulterzuckend sinniert er, nun müsse er wohl ihnen die Stimme geben. Alltag im Wahlkampf. Immer wieder gibt es Geld für Jugendliche, damit sie sich im Wahlkampf engagieren und ihre Stimme „gezielt“ abgeben. Aber nicht alle leiden unter Loyalitätskonflikten. Manche nehmen die Wahl-Geschenke der Parteien gerne an, denn sie wissen ganz genau, dass sie am 17. November in geheimer Wahl trotzdem ihrer Wunschpartei ihre Stimme geben werden. Eine junge Frau hält dagegen nichts vom Wahlkampfgetöse und auch nichts von den politischen Versprechen der Parteien. „Es ist immer dasselbe, jeder verspricht uns das Blaue vom Himmel. Und am Ende gehen wir alle leer aus“, sagt sie mit einem Lächeln. Die Wahl findet ohne sie statt.

Gewalt im Spiel

In Sierra Leone sind Jugendliche bekannt für ihre Gewaltbereitschaft vor und während der Wahlen. Das hat Tradition. So berichtet das Afrika Research Institut, dass Jugendliche seit der Unabhängigkeit 1961 bei jeder wichtigen Wahl im Land für Unruhe gesorgt hätten. Die Parteien binden sie in die Jugendarbeit ein: Ihnen wird Geld versprochen oder eine bessere Zukunft in Aussicht gestellt. Im Gegenzug stören sie die Wahlkampf Veranstaltungen der politischen Gegner. „Jugendliche wurden immer benutzt. Die Parteien geben ihnen Alkohol und Drogen und stiften sie an, für Unfrieden zu sorgen“, sagt Barrie Abubakarr, Programm Koordinator von Africa Youth for Peace and Development in Sierra Leone. Er sieht darin eine klare Wahlmanipulation. Nach den Wahlen würden die Jugendlichen von den Parteien wieder fallen gelassen.

In der Tat steht es um die Zukunft der Jugendlichen nicht zum Besten. Auch zehn Jahre nach dem Bürgerkrieg hat sich ihre berufliche Perspektive nicht verbessert. Nach wie vor sind 70 Prozent arbeitslos oder können von ihrer Arbeit nicht leben. 50 Prozent sind Analphabeten ohne berufliche Ausbildung. Das geht aus einem Bericht der Regierung von 2010 hervor.

Positive Signale

Bislang halten sich gewaltsame Übergriffe in Grenzen. Immer wieder stören Jugendliche Veranstaltungen der politischen Gegner, ziehen pöbelnd durch die Straßen und attackieren Anhänger der Opposition. Insgesamt ist das Fazit durchweg positiv. Die meisten großen Veranstaltungen sind bisher gewaltfrei verlaufen. Vielleicht trägt der Aufruf aller Parteien zu gewaltfreien Wahlen zum bisherigen positiven Verlauf bei. Auch Heiko Meinhardt, Wahlberater von Brot für die Welt ist optimistisch: „Ich gehe davon aus, dass die Wahlen gewaltfrei und geordnet ablaufen werden“.

Brot für die Welt unterstützt Zivilgesellschaft bei Wahlbeobachtung

In Zusammenarbeit mit dem Kirchenrat (CCSL) hat Heiko Meinhardt 880 freiwillige Wahlbeobachter ausgebildet, darunter auch hochrangige Kirchenvertreter. Ebun James, Generalsekretärin des Kirchenrates ist begeistert vom Enthusiasmus der jugendlichen Freiwilligen. „Sie wollen Verantwortung übernehmen und die Zukunft des Landes mitbestimmen“, das sieht sie als positives Signal. Die Kirchen tragen ihren Teil dazu bei, um friedliche Wahlen zu gewährleisten. In ihren Predigten rufen sie zu Gewaltfreiheit auf. Die Baptisten haben diese Woche zur Woche für die Jugend erklärt. Mit Veranstaltungen wollen sie mit den Jugendlichen über die Gestaltung des Landes und ihre Rolle dabei diskutieren.

Stichwahl wahrscheinlich

Ob eine der beiden großen Parteien, APC oder SLPP, am 17. November tatsächlich als Wahlsieger hervorgeht, daran zweifelt Heiko Meinhardt. Immerhin stehen neun Kandidaten von zehn Parteien zur Wahl. Da wird es schwierig die notwendigen 55 Prozent zu erreichen. Bleibt es danach tatsächlich friedlich? Heiko Meinhardt ist skeptisch: „Ob es nach Verkündigung der Endergebnisse gewaltfrei bleibt, weiß keiner so genau“.

Iris Liethmann

 

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