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Geschlechtsspezifische Verfolgung treibt Frauen in die Flucht

Von Gastautoren am

Als geschlechtsspezifische Verfolgung gelten nach der Definition des Hochkommissariats der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) sexuelle Gewalt, Bildungsverbot, Ehrenmord, Zwangsabtreibung, Zwangsheirat, Zwangssterilisierung und Zwangsverstümmelungen wie die weibliche Genitalverstümmelung sowie Diskriminierung auf Basis des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung. Häufig findet die geschlechtsspezifische Verfolgung im Privaten statt, Staaten können oder wollen die Betroffenen nicht davor schützen.

49 Prozent aller Flüchtlinge weltweit sind laut UNHCR Frauen. Sie sind besonders betroffen von geschlechtsspezifischer Verfolgung in ihren Heimatländern. Zwangsheirat, Frauenhandel, Genitalverstümmelung, Vergewaltigungen oder häusliche Gewalt sind nur einige Verfolgungsarten, unter denen Frauen und Mädchen leiden. Kennzeichnend für diese spezifische Gewalt ist, dass das Geschlecht entweder den Grund für die Verfolgung darstellt oder aber die Art der Verfolgung bestimmt. Geschlechtsspezifische Verfolgung wird nach der Genfer Flüchtlingskonvention unter dem Fluchtgrund Verfolgung aufgrund der „Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe“ anerkannt und auch das deutsche Asylrecht berücksichtigt seit 2005 frauenspezifische Fluchtursachen. Weil aber geschlechtsspezifische Verfolgung oft im familiären Bereich stattfindet, ist sie schwieriger nachzuweisen.

Es handelt sich hier um eine sogenannte nicht-staatliche Verfolgung, bei der ein Fluchtgrund erst dann vorliegt, wenn der Staat unfähig oder unwillig ist, landesweiten Schutz vor der Verfolgung zu bieten und auch keine inländische Fluchtalternative existiert. Trotz der rechtlichen Anerkennung in der Theorie fehlt es jedoch oft an Sensibilität und Verständnis in der bürokratischen Praxis von Asylverfahren. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) setzt mittlerweile Sonderbeauftragte ein, wenn sich im Asylverfahren, zum Beispiel bei der Anhörung Anhaltspunkte für geschlechtsspezifische Verfolgung erkennen lassen-.

Beispiel Pakistan

Die Islamische Republik Pakistan zählt zu den Hauptherkunftsländern von Asylbewerberinnen und -bewerbern in Deutschland. Die Bevölkerungszahl wird auf etwa 200 Millionen Menschen geschätzt. Das Land grenzt im Südwesten an den Iran, im Westen an Afghanistan, im Norden an China sowie im Osten an Indien.

Seit der Islamisierungspolitik der 1980er-Jahre erlebt Pakistan einen rasanten Zuwachs an religiösem Extremismus im Land und an Koranschulen (sogenannte Madrassa), die zu einer Radikalisierung des Landes beigetragen haben. Es gibt Gesetze gegen Gotteslästerung. Religionswechsel ist für Muslime verboten. In jüngster Zeit haben Anklagen wegen angeblicher Gotteslästerung, Diffamierung des Islams und Religionswechsel auch durch staatliche Behörden stark zugenommen. Betroffen davon sind nicht nur religiöse Minderheiten wie Christen und die Ahmadiyya-Muslimgemeinde, sondern tendenziell jeder und jede. Der Vorwurf der Blasphemie wird häufig als Instrument der Austragung von politischen und wirtschaftlichen Konflikten genutzt.

Sowohl die pakistanische Verfassung als auch die Gesetzgebung und die Religionspolitik im Land verletzen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit. In Pakistan leben laut den Vereinten Nationen 17 Prozent der Bevölkerung von  weniger als einem Dollar am Tag. In der Hoffnung, ein besseres Einkommen zu verdienen, ziehen immer mehr Menschen vom Land in die Armutsquartiere der Städte. Kinderarbeit ist an der Tagesordnung.

Frauen und Mädchen werden diskriminiert

Noch immer gravierend ist die Benachteiligung von Mädchen und Frauen. Sie sind vom öffentlichen Leben ausgeschlossen und werden auch innerhalb der Familien von patriarchalen Strukturen unterdrückt. Unterernährung, höhere Sterblichkeitsraten und ein höherer Anteil von Analphabeten bei Mädchen als Jungen sind die Folge. Arrangierte Ehen bis hin zu Zwangsehen sind in Pakistan übliche Praxis. Häufig führen schon reine Verdächtigungen der Untreue  zu Gewalttaten gegen Frauen, gelegentlich kommen auch Ehrenmorde vor.

Obwohl inzwischen zum zweiten Mal in Folge eine demokratisch gewählte Regierung die Politik bestimmt, ist die Situation in den Kleinstädten und Dörfern immer noch von alltäglicher Gewalt gegen Frauen geprägt. Nach einer Studie einer pakistanischen Nichtregierungsorganisation wurden 2014 in der pakistanischen Provinz Punjab 7.010 Fälle von häuslicher Gewalt gegen Frauen registriert, sowie 1.700 Fälle von Kidnapping und 1.400 Vergewaltigungen. 82 minderjährige Mädchen fielen Ehrenmorden zum Opfer. Aus der Tradition begründete Praktiken, wie beispielsweise die Übergabe einer Frau oder eines Mädchens als Entschädigung für eine Mordtat an die Familie des Opfers, sind immer noch legal. Die Dunkelziffer dazu liegt sehr hoch, bisher gibt es kaum systematisch gesammelte Daten.

Dass die Rechte von Mädchen insbesondere bei der Bildung benachteiligt werden, hat die pakistanische Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai, die sich für das Recht auf Bildung von Mädchen und Frauen einsetzt, einer Weltöffentlichkeit deutlich vor Augen geführt. Am 9. Oktober 2012 wurde sie Opfer eines Attentats der Taliban, die sie aus nächster Nähe durch Schüsse in den Kopf und am Hals lebensgefährlich verletzten. Heute lebt sie mit ihrer Familie in London und setzt sich weiterhin für das Recht auf Bildung für Mädchen ein.

Das tut Brot für die Welt

Brot für die Welt unterstützt verschiedene Organisationen in Pakistan, die sich für Geschlechtergerechtigkeit und die sozioökonomische Verbesserung der Situation von Frauen in ländlichen Gebieten einsetzen. Die Projekte wollen nicht nur einzelnen Überlebenden von geschlechtsspezifischer Gewalt in akuten Notsituationen helfen, sondern durch lokal angepasste und sensible Bildungsarbeit, Lobbyarbeit und Vernetzung das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung stärken und die rechtsstaatliche Praxis verbessern. Frauen werden darin unterstützt, sich zu organisieren und sich durch Schaffung von Einkommen für ihre Rechte einzusetzen und ökonomische Abhängigkeit und Armut zu reduzieren.

Was fordert Brot für die Welt?

Auch wenn es vornehmlich junge Männer sind, die in Deutschland Asyl suchen, so sollten Politikerinnen und Politiker sowie andere Entscheidungsträger sich für die Rechte von Frauen und Mädchen einsetzen. Die Stärkung der Geschlechtergerechtigkeit ist ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der Menschenrechte.

Bekämpfung von Fluchtursachen durch Brot für die Welt

Die Bekämpfung von Fluchtursachen ist eine langfristige Aufgabe. Sie ersetzt nicht unsere Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen, die nach Europa kommen.

Fluchtursachen sind vielfältig, häufig beruhen sie auf fehlender Rechtsstaatlichkeit und der systematischen Verletzung der universell anerkannten Menschenrechte, sowohl der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen als auch der bürgerlichen und politischen. Darüber hinaus können unfaire Handelsbeziehungen und unternehmerisches Handeln unter Inkaufnahme von Menschenrechtsverletzungen, beispielsweise durch Landgrabbing, zu Fluchtursachen werden. Ein weiterer Grund für die Flucht von Menschen ist die Zunahme von gewaltsam ausgetragenen Konflikten.

Brot für die Welt unterstützt Menschen in ihren Herkunftsländern, die sich für rechtsstaatliche, die Menschenrechte achtenden Strukturen einsetzen und auch auf globaler Ebene gegenüber ihren Regierungen eine Rechenschaftspflicht einfordern. Außerdem fordert Brot für die Welt auch in der Agrar-, der Handels- und Wirtschafts- und der Klimapolitik ein kohärentes Vorgehen, um zu verhindern, dass Menschen unfreiwillig ihr Land verlassen müssen. Gleichzeitig setzt sich Brot für die Welt für eine Friedenspolitik ein, die auf Prävention setzt.

 

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Lachender Junge

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